Wird der Arzt durch Algorithmen ersetzt?

KI

Veröffentlicht 05.06.2024 09:00, Dagmar Finlayson

KI kann große Mengen von medizinischen Daten analysieren und Muster identifizieren. Ihr Einsatz in der Medizintechnik verspricht für viele Anwendungsbereiche der Diagnostik und Therapie großes Potenzial – zum Beispiel für die Labormedizin und die automatische Bilderkennung.

Der Bereich der Labormedizin ist ein sehr wichtiges Einsatzfeld von KI und bietet unter anderem für bildgebende Verfahren große Vorteile und Unterstützung für die Ärzte: Im Universitätsklinikum Essen wurde zum Beispiel mit einem selbstlernenden Algorithmus ein System auf Lungenfibrosen trainiert. Schon nach wenigen Lernzyklen stellte der Computer die Diagnose besser als ein Arzt, denn der Computer vergesse das einmal Gelernte nicht mehr und sei beim Vergleichen von Mustern dem menschlichen Auge überlegen, so der Leiter der Klinik für Diagnostische Radiologie des Klinikums Johannes Haubold.

KI in der Krebsdiagnostik

Eine Studie der Universität Nijmegen in den Niederlanden zeigt, dass KI-Systeme den Menschen auch in der Krebsdiagnostik übertreffen, insbesondere im zeitlichen Aspekt: Dort wurde ein Entwicklerteam mit ihren eigenen KI-Software-Lösungen einer Gruppe von Pathologen gegenübergestellt, um Krebsgewebe zu erkennen. Das beste KI-System erreichte im Ergebnis eine nahezu hundertprozentige Erkennungsgenauigkeit und war dabei deutlich schneller als ein Pathologe, der 30 Stunden benötigte, um die befallenen Proben zu erkennen.

Auch an der Heidelberger Universität wird in der Dermatologie mit einem KI-System geforscht, das die Haut von Patienten scannt, um Krebs-Melanome von Muttermalen zu unterscheiden. Die Trefferquote bei einer Auswertung von über 100.000 Aufnahmen liegt bereits bei 95 Prozent.

Qualitätssicherung für 3D-Zellaggregate

KI kommt auch bei der Kultivierung von 3D-Zellaggregaten (Sphäroiden) in einem Bioreaktor zum Einsatz. „Temperatur und CO2-Gehalt werden heute schon standardmäßig im Inkubator geregelt, jedoch findet eine Messung von Parametern direkt in der Zellkultur (Flüssigkeit) bisher in der Regel nicht statt. Dadurch sind keine Aussagen über den pH-Wert, den Sauerstoffgehalt oder andere für die Kultivierung relevante Werte möglich. Weiterhin erfolgt die Qualitätskontrolle der Sphäroide bisher lediglich von Zeit zu Zeit und außerhalb des Bioreaktors“, sagt Dr. Thomas Velten, Leiter Innovationsmanagement am Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT. „Im Rahmen des Fraunhofer ZSI werden Sensoren für die direkte Integration in die Zellkulturröhrchen des Bioreaktors entwickelt. Dadurch wird eine Online-Messung verschiedener Parameter ermöglicht, die für die Herstellung von 3D-Zellaggregaten relevant sind, wie zum Beispiel Sauerstoff, pH-Wert, Glukose und Laktat. Im Sinne einer Online-Prozesskontrolle werden die Sensoren drahtlos ausgelesen und die Sensordaten direkt vor Ort und nahezu in Echtzeit von einer KI-basierten Auswertesoftware aufbereitet und analysiert.“

Eine zusätzliche kontinuierliche optische Analyse der Sphäroide, die ebenfalls KI-Methoden für die Auswertung der Kamerabilder verwendet, gibt dann Aufschluss über Größe, Form und Anzahl der Sphäroide. Dies ermöglicht laut Velten eine direkte Korrelation der Zellkulturparameter mit dem Zustand der Sphäroide. Zukünftig soll damit nicht nur eine signifikante Verbesserung der Qualitätssicherung bei der Produktion von 3D-Zellaggregaten, sondern auch eine Optimierung der Zellkultur und damit eine Erhöhung des Produktionsertrags erzielt werden.

Dr. Thomas Velten ©Fraunhofer IBMT

Eine Hilfe, aber kein Ersatz

Bisher kann der Einsatz von KI in der Medizin nicht als Ersatz für Ärzte gesehen werden, sondern als unterstützendes Werkzeug, das ärztliche Tätigkeiten verbessert und ergänzt. Durch eine gezielte Integration von KI-Systemen können die Effizienz und Genauigkeit medizinischer Diagnosen und Therapien gesteigert werden, wodurch letztendlich die Qualität der Patientenversorgung verbessert wird.


Die bevorstehende MedtecLIVE, die vom 18. bis zum 20. Juni 2024 in Stuttgart stattfindet, legt ebenfalls einen Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. „Wir setzen auf der kommenden Messe einen starken Fokus auf das zukunftsrelevante Thema der KI in der Medizintechnik. In einer sich stetig weiterentwickelnden Welt ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir die neuesten Fortschritte in diesem Bereich beleuchten. Unsere Messe wird daher eine Plattform bieten, um die bahnbrechenden Entwicklungen und die zukunftsweisende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz in der Medizintechnik zu erkunden“, sagt Christopher Boss, Geschäftsführer der MedtecLIVE GmbH und Executive Director der Veranstaltung.

Christopher Boss ©NürnbergMesse

Quelle: TBN Public Relations GmbH

Symbolbild: Testalize.me (Unsplash)

 


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