Sichere Videokommunikation wird zum integralen Teil der Telemedizin

Telemedizin

Veröffentlicht 26.11.2021 10:30, Dagmar Finlayson

Die Digitalisierung in Kliniken kommt voran: Mit den Fördergeldern aus dem Krankenhauszukunftsfond stehen mittlerweile die Mittel zur Verfügung, um lang geplante Digitalisierungsvorhaben auch umzusetzen. Moderne Krankenhaus-Informationssysteme sind unverzichtbar, viele IT-Verantwortliche haben darüber hinaus aber auch neue, videobasierte Lösungen der Telemedizin im Fokus – doch welche Voraussetzungen sollten diese Videokommunikationslösungen erfüllen und wie tragen sie zur Wertschöpfung bei?

Remote-Arbeit in der Verwaltung und virtuelle Besprechungen – auch in den Kliniken und Krankenhäusern hielt mit dem pandemiebedingten Lockdown die Videokommunikation Einzug in den Arbeitsalltag. Die neue Offenheit für virtuelle Meetings beflügelt hier aber zugleich eine Entwicklung, die lange vor der Pandemie begann und für die in den letzten Jahren auch die regulatorischen Voraussetzungen geschaffen wurden: Telemedizin.

Mit videogestützten Verfahren wie virtuellen Visiten oder Telekonsilen zum Beispiel bei Tumorkonferenzen lassen sich in den Kliniken sowohl Prozesse optimieren als auch qualitative Verbesserungen erzielen. Das erklärt sich aus den Gegebenheiten im Gesundheitswesen: In einem vor allem von Zeitdruck, Fachkräftemangel und hoher Arbeitsbelastung bestimmten Umfeld bedeutet allein schon der Wegfall von Lauf- und Wegezeiten eine beträchtliche Entlastung, wenn etwa der diensthabende Arzt die täglichen Visiten in virtueller Form absolvieren kann.

Mehrwert durch Videokommunikation: Daten und Expertise neu verknüpft

Kennzeichnend ist auch die ungleichmäßige Verteilung von Ressourcen: Spezialwissen und Expertisen konzentrieren sich an den universitären Zentren. Zudem besteht vielerorts ein Stadt-Land-Gefälle in der Versorgung. Auf der anderen Seite ist moderne Medizin schon per se äußerst Monitor-affin: Bildgebende Verfahren prägen die Diagnostik seit Jahrzehnten; ein Klinikbetrieb ohne Monitorüberwachung wäre da gar nicht denkbar. Der eigentliche Mehrwert der Videokommunikation in der Telemedizin ergibt sich nun daraus, dass hier Daten und Fachkenntnis auf neue Weise verknüpft werden – virtuell, ortsunabhängig und flexibel.

So könnten sich zu einer virtuellen Visite bei Bedarf auch weitere Fachärzte per Video zuschalten, um etwa Untersuchungsergebnisse zu erläutern. Ein weiteres Anwendungsszenario sind Tumorboards. Diese Tumorkonferenzen, die zur Beratung und Entscheidungsfindung bei seltenen oder schwierig zu behandelnden Krebserkrankungen einberufen werden, sind in vielen Einrichtungen bereits Standard. Per Videoübertragung können auch hochrangige Experten von anderen Kliniken oder Universitäten in die Entscheidungsfindung einbezogen werden, deren zeitliche Auslastung eine Anreise sonst gar nicht erlauben würde. Die virtuelle Erweiterung des Expertengremiums ermöglicht präzisere Diagnosen und daher auch bessere Behandlungsentscheidungen. Auch unter dem Aspekt der Wissensvermittlung ist sie eine Bereicherung.

Der Einsatz von Videokommunikation in der Telemedizin hat also zum Ziel, die Versorgung der Patienten zu verbessern, gleichzeitig Zeit und Kosten zu sparen und das Fachpersonal zu entlasten. Die Anforderungen an eine solche Lösung sind jedoch gerade im medizinischen Bereich äußerst hoch, wo höchster Datenschutz gefordert ist.

Die Grundbedingungen: Qualität, Datenschutz und Ausfallsicherheit

Hohe Video-, Ton- und Bildqualität ist eine Grundvoraussetzung, denn Aufnahmen müssen in hoher Auflösung dargestellt werden; auch das Risiko akustisch bedingter Missverständnisse wäre nicht zu tolerieren.

Zentrales Thema im Gesundheitswesen bleibt allerdings der Schutz der sensiblen Daten. Bei der Entwicklung von Videokommunikationsplattformen allgemein ist ein klarer Trend in Richtung Cloud zu verzeichnen. Solche Cloudlösungen bieten Vorteile wie Skalierbarkeit, Flexibilität und geringen Wartungsaufwand und stellen deshalb für Unternehmen der Privatwirtschaft oft die beste Wahl dar. Im Health Care Bereich gelten hingegen weit strengere regulatorische Vorgaben. Metadaten sollten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums verbleiben und die sensiblen Mediadaten (Videostream, Audiostream, Screensharing) wollen IT-Verantwortliche in den Kliniken zu Recht unter eigener Kontrolle wissen. Das spricht für eine on-premise- oder Private Cloud-Lösung.

Noch aus einem weiteren Grund sollte die Videokommunikation in den Kliniken selbst oder in der Private Cloud gehostet werden: Die Systeme müssen ausfallsicher sein. Unterbrechungen etwa in den eng getakteten Tumorboards mit bis zu 30 Experten, sind kritisch, da es nicht nur um die knapp bemessene Arbeitszeit der Mediziner, sondern um die Lebenszeit der Patienten geht.

Integration in bestehende Krankenhaus-Infrastruktur

Ein weiterer, auch für die Akzeptanz sehr wichtiger Punkt ist die Einbindung in bestehende Systeme und die Interoperabilität. Mit separat zu bedienenden Einzellösungen würden die Ziele der Prozessoptimierung und Personalentlastung nicht erfüllt. Videokommunikation muss nicht nur kompatibel zu den technischen Raumsystemen sein, sondern sollte sich auch nahtlos in die Abläufe der Kliniken einfügen. Dort gehören Krankenhausinformationssysteme (KIS) inzwischen zum Standard. In vielen Fällen wurden die nötigen Mittel für Modernisierung oder Neueinführung des KIS nach dem Krankenhauszukunftsgesetz bereits bewilligt, die Projekte stehen vor der Umsetzung. In diese Umgebung sind auch die geplanten Videokollaborationslösungen zu integrieren. Virtuelle Meetings sollten direkt und ohne Medienbrüche aus den jeweiligen Planungs- und Kalenderoberflächen des KIS zu bedienen sein, mit Zugriff auf ePatientenakten und Dokumentationstools.

Für externe Teilnehmende ist entscheidend, dass sie sich unabhängig vom genutzten Endgerät oder Browser einfach einwählen können.

Maßgeschneidert, aber mitwachsend

Die Videolösung sollte auch auf den medizinischen Anwendungsfall zugeschnitten sein. In der technischen Anbindung wie auch in der Anordnung und Darstellung am Bildschirm gibt es Unterschiede: Während für Telekonsultationen oder –visiten die typische Gesprächssituation abzubilden ist, stehen bei Tumorkonferenzen die (Tumorstudien) und deren vergleichende Analyse im Vordergrund. Sehr speziell konzipierte Systeme können allerdings an Grenzen stoßen, denn zum einen entwickeln sich die jeweiligen Zielanwendungen beständig weiter. Eine klassische Punkt-zu-Punkt-Lösung für Videosprechstunden erlaubt zum Beispiel nicht die Einbindung zahlreicher Teilnehmer wie Fachärzte oder Betreuungspersonen. Zum anderen sind die Anwendungsoptionen für Telemedizin in Kliniken mit Tumorboards und virtuellen Visiten keinesfalls erschöpft. Diese Szenarien sind hier deshalb ausführlicher dargestellt, weil sie erfahrungsgemäß von den Anwendern stark nachgefragt werden. Es eröffnen sich aber in der Therapie, der Nachsorge und Rehabilitation zahlreiche weitere Anwendungsfelder.

Zusammengefasst: Eine Videokonferenzlösung für Telemedizin, die Zeit spart, die Behandlungsqualität verbessert und Personal entlastet, sollte folgende Anforderungen erfüllen:

  • Hohe Video-, Audio und Bildqualität
  • Erfüllung aller Datenschutzvorgaben (durch on-premises oder Private Cloud)
  • Ausfallsicherheit
  • Interoperabilität mit allen gängigen Systemen, Integrationsfähigkeit in KIS
  • Auf spezifische Anwendungsfälle flexibel anpassbar und entwicklungsfähig

Nach der Implementierung ist vor der Weiterentwicklung

Diese Anforderungen in einer Lösung zu vereinen ist auch für Softwareanbieter eine Herausforderung. Einige Eckdaten: Es empfiehlt sich, mit einer Micro-Services-Architektur zu arbeiten, mit der sich die Sicherheit des Betriebs on-premises oder in der Private Cloud mit den Vorteilen einer modernen Cloudlösung verbinden lässt. Im zweiten Schritt kann dann die vollständige Integration in die jeweilige Krankenhaussoftware erfolgen. Modifizierungen je nach Einsatzszenario entstehen durch spezielle, bereits voreingestellte Layouts, die von den Anwendern angepasst werden können.

Die Entwicklung einer passgenauen Videokollaborationslösung im Gesundheitswesen und speziell für die Telemedizin ist daher das Ergebnis mehrjähriger Arbeit. Die Lösungen werden fortlaufend erneut getestet und weiterentwickelt, wobei Erfahrungen und Feedback aus vorangegangen Projekten in die Verbesserungen einfließen. Auf dieser Grundlage ist bspw. beim Videokollaborationsanbieter Pexip eine für den Healthcare-Bereich spezifische Telemedizinlösung Pexip Health entstanden, welche in die bestehenden Softwarelösungen und Krankenhausinformationssysteme eingebunden werden kann. Videokonferenzsysteme werden so in die Behandlungszimmer integriert.

Damit eine Videokommunikationslösung wirklich passt und den Anwendern eine qualitativ hochwertige Nutzererfahrung verschafft, braucht es neben dem eigenen Know-How immer auch den Erfahrungsaustausch mit den Anwendern in Kliniken und Krankenhäusern. Für die Weiterentwicklung insgesamt ist zudem die aktive Zusammenarbeit mit allen Akteuren im Gesundheitsbereich äußerst wichtig. Denn am Ende geht es schließlich darum, den Patienten eine optimale Versorgung zu bieten.

Autor:                                   

Dr. Dirk Fischer, Director Vertical Sales DACH, Pexip GmbH

Quelle Text/Bilder: Pexip AS


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