Eine kürzlich durchgeführte Bitkom-Studie ergab, dass 59 Prozent der Befragten glauben, die IT-Branche schrecke Frauen ab. Ganz anders ist es im cyberkriminellen Untergrund. Etwa 40 Prozent der Teilnehmer an Cybercrime-Foren sind Frauen, denn dort spielt das Geschlecht eine weitaus geringere Rolle als in der IT-Branche. Stattdessen handelt es sich um eine virtuelle Community, die vor allem leistungsorientiert vorgeht.
Ergebnisse der aktuellen Studie: „The Gender-equal Cybercriminal Underground“ (1) zeigen, dass weibliche Cyberkriminelle zwar in der Minderheit sind. Jedoch treten sie zahlreich in Erscheinung. Dabei werden sie von Ermittlern häufig nicht entsprechend wahrgenommen. Es scheint allgemein anerkannt, dass der „gemeine“ Cyberkriminelle männlich ist. Bei Strafverfolgungsbehörden und in den Medien ist es üblich, die Begriffe „er“ oder „ihn“ zu verwenden – selbst wenn die Person noch nicht identifiziert werden konnte.
Die Studie kommt unter anderem zu folgenden Ergebnissen:
- Etwa 40 Prozent der Teilnehmer an Cybercrime-Foren sind Frauen (Zum Vergleich: Der Frauenanteil in der IT beläuft sich in Deutschland auf rund 17 Prozent).
- Aufgrund der Anonymität spielt das Geschlecht in Untergrundforen für Cyberkriminelle eine geringere Rolle, da dort eher die Fähigkeiten und Erfahrungen geschätzt werden.
- Geschlechtsspezifische Vorurteile können die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden behindern. Sicherheitsexperten sollten nicht davon ausgehen, dass Cyberkriminelle immer männlich sind.
- Trend Micro sieht keine Beweise dafür, dass cyberkriminelle Akteure aufgrund ihres Geschlechts von der Teilnahme an einem Job ausgeschlossen wurden.
- · Themen wie die sexuelle Orientierung, LGBTQIA, binary und non-binary werden im Untergrund zumeist in englischsprachigen Foren diskutiert. Wenig überraschend gibt es dafür in russisch-sprachigen Foren keine Plattform.
„Der kriminelle Untergrund ist eine der leistungsorientiertesten Online-Gemeinschaften, in der Menschen nur nach ihren Fähigkeiten und Erfahrungen - und nicht nach ihrem Geschlecht - bewertet werden“, heißt es in der Studie. „Wir empfehlen daher allen Ermittlern, bei ihrer Arbeit nicht von männlichen Personen auszugehen, da dies im Verlauf des Falles zu einer Voreingenommenheit führt. Wir schlagen vor, stattdessen ‚sie‘ zu verwenden, was die Ermittler auch dazu zwingt, zu berücksichtigen, dass hinter einem einzelnen Namen, der untersucht wird, mehr als eine Person stecken kann.“
(1) Trend Micro-Studie THE GENDER-EQUAL CYBERCRIMINAL UNDERGROUND, https://www.trendmicro.com/vinfo/de/se ... eats/gender-in-cybercrime
von Wolf-Dietrich Lorenz
Symbolbild: Adobe Stock