Das Eckpunktepapier des BMG ist ein wichtiger Schritt zur dringend notwendigen Reform. Stellungnahme des Bundesverbandes der Krankenhaus-IT-Leiterinnen und -IT-Leiter e.V. KH-IT.
Nach langen, teils intensiven Diskussionen der Gesundheitsminister auf Bundes- und Länderebene, nachdem alle Ideen zur Reform des Bundesgesundheitsministers von allen Seiten kritisiert und auch gelobt wurden, am 10. Juli wurde (endlich) die Einigung verkündet: das Eckpunktepapier der BMG wurde trotz der Gegenstimme des bayerischen Gesundheitsministers und einer Enthaltung mehrheitlich angenommen.
Das Eckpunktepapier ist kein Gesetz, auf dessen Grundlage nun Fakten geschaffen werden. Es ist zunächst nicht mehr, aber auch nicht weniger, als die Dokumentation eines Diskussionsstandes, hinter den die Gesundheitsminister nicht mehr ohne weiteres zurück gehen können.
Die wesentlichen Eckpunkte überraschen niemanden – die Vorhaltepauschalen, die Leistungsgruppen und die nach wie vor bestehende Planungshoheit der Länder wurden im Vorfeld bereits ausgiebig erörtert. Das weitere politische Schicksal des Eckpunktepapiers und der darauf aufbauenden Reform der deutschen Krankenhäuser wird nun seinen Lauf nehmen, mit allen bereits heute absehbaren Folgen: einige Häuser werden den Umbau nicht erleben und vorher in die Insolvenz rutschen. Manche Häuser werden im Zuge von Übernahmen „gerettet“ und dann geschlossen, vermutlich zugunsten eines günstiger gelegenen Neubaus.
Was bedeutet die Reform für die Krankenhaus-IT ?
Andreas Lockau, Schatzmeister im Vorstand des KH-IT, sagt dazu: Wenn die Reform eines Tages wirklich kommt, dann sollte sie die Digitalisierung in den Krankenhäusern weiter voran bringen und unterstützen, indem mit den Vorhaltepauschalen z.B. nicht nur die Investitionen für IT-Systeme berücksichtigt werden, sondern auch die laufenden Betriebskosten. Um die intersektorale Zusammenarbeit zu stärken, ist die Konsolidierung der Daten – wie bereits unter anderem über ISIK angestoßen – ein extrem wichtiger Baustein für die effiziente Kommunikation. Als Ergebnis der Reform werden Krankenhäusern künftig noch stärker mit Medizinischen Versorgungszentren und den Primärversorgungszentren zusammenarbeiten müssen. Dies wird nur bei konsequenter Standardisierung der Schnittstellen und der ausgetauschten Daten möglich und betrifft die Krankenhausinformationssysteme, wie auch die Praxis-Verwaltungssysteme. Die digitale Kommunikation mit Reha-Einrichtungen oder Pflegeheimen ist derzeit noch die absolute Ausnahme, für die sektorenübergreifende und ganzheitliche Behandlung der Patienten aber unerlässlich.
Lars Forchheim, stellvertretender Vorsitzender des KH-IT, ergänzt: Wir beobachten inzwischen den starken Trend hin zu Software als Mietmodell, mit Pay-Per-Use-Abrechnung. Damit wandelt sich die Kostenstruktur von bisher 70% Investitionen und ca. 30% Betriebskosten hin zu einem Modell mit einem sehr viel höheren Betriebskostenanteil. Die neue Finanzierungsvereinbarung muss mit der Vorhaltepauschale auch diesen Veränderungen Rechnung tragen. Die Sicherheit der IT-Systeme wird künftig noch deutlich mehr im Fokus stehen. Die steigende Anzahl an Cyberattacken, aber ebenfalls die permanent steigenden regulatorischen Anforderungen an die Informationssicherheit erfordern ebenfalls deutlich mehr Betriebsmittel. Systeme zur Angriffserkennung – wie für KRITIS-Häuser seit Mai 2023 verpflichtend – sind komplexe und aufwändig zu betreibende Anwendungen. Auch diese Aufwendungen müssen bei der Kalkulation der Vorhaltepauschalen berücksichtigt werden.
Ulrich Wieland, Beisitzer im Vorstand des KH-IT und verantwortlich für die Konvergenz der Medizintechnik und IT, weist darauf hin, dass die Telematik-Infrastruktur im heutigen Zustand noch keineswegs geeignet ist, die Anbindung kleinerer Einheiten im ländlichen Raum an die größeren und spezialisierten Häuser im erforderlichen Umfang sicher zu stellen. Die Zusammenarbeit im Bereich der Telemedizin weist noch erhebliches Optimierungspotenzial auf.
Wir als Bundesverband der Krankenhaus-IT-Leiterinnen und IT-Leiter e.V. begrüßen die Entwicklung hin zu einer Krankenhausreform, die den aktuell für alle Beteiligten kaum zu ertragenden Zustand verbessern kann. Durch massive Anforderungen an die Digitalisierung der Prozesse und Daten in den Krankenhäusern steigen auch die Anforderungen an die IT-Systeme und an die IT-Mitarbeiter. Das ist im derzeitigen System kaum noch zu realisieren, da die Länder ihren Investitionsverpflichtungen nicht ausreichend nachkommen und die Betriebsmittel über die DRG-Pauschalen die IT-Kosten in keiner Weise berücksichtigen.
Das im Rahmen der Krankenhausreform noch zu erarbeitende neue Finanzierungsmodell muss den gestiegenen Anforderungen Rechnung tragen und die IT-Kosten explizit berücksichtigen und ausweisen. Gleichzeitig müssen die Krankenhäuser aber auch die Optimierungspotenziale durch verstärkte Digitalisierung nutzen – denn am Ende sollen die Krankenhäuser ja nicht mehr Geld bekommen, sondern es soll lediglich anders verteilt werden.
Wir werden den Prozess engagiert und konstruktiv kritisch begleiten.
Über den Bundesverband der Krankenhaus IT-Leiterinnen und IT-Leiter
Der Verband vertritt die Interessen der Krankenhaus-IT Leiterinnen und Leiter. Er macht es sich zur Aufgabe, die Stellung der IT in der Klinik zu stärken im Sinne einer bestmöglichen und wirtschaftlichen Unter-stützung der Patientenversorgung. www.kh-it.de
Autor: Jürgen Flemming, Pressereferent KH-IT
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