Prozesse im Check: Effizienz und Effektivität in der Klinik steigern

Prozesse

Veröffentlicht 12.07.2024 08:10, Kim Wehrs

Die deutsche Gesundheitslandschaft steht vor erheblichen Herausforderungen. Entwicklungen in der Medizin, Digitalisierung, Ambulantisierung, Kostendruck, steigender Wettbewerb und der wachsende Fachkräftemangel machen eine Anpassung der Arbeitsabläufe in Kliniken unumgänglich, um eine optimale Patientenversorgung sicherzustellen. Hier setzt ein ganzheitliches Workflow-Management an, das darauf abzielt, Prozesse bedarfsgerecht, effizient, fehlerfrei, kostengünstig, qualitativ hochwertig und patientenfreundlich zu gestalten. Von Prof. Dr. Michael Greiling, Institut für Workflow-Management im Gesundheitswesen (IwiG), Professur für Workflow-Management, Europäische Fachhochschule

Prozessoptimierung: Radikale Neuerungen versus kontinuierliche Verbesserungen!

Im Rahmen der Prozessoptimierung wird die fundamentale und die inkrementelle Vorgehensweise unterschieden. Beide Ansätze sind darauf fokussiert, die Effizienz und die Effektivität von Geschäftsprozessen zu steigern, gehen jedoch unterschiedlich vor. Die fundamentale Prozessoptimierung, auch als Business Process Reengineering (BPR) bekannt, verfolgt einen radikalen Ansatz, der ineffiziente, meist veraltete Strukturen und Herangehensweisen nicht nur verbessert, sondern vollständig neu konzipiert. Der Fokus liegt darauf, Abläufe so zu gestalten, dass sie den aktuellen Anforderungen und technologischen Möglichkeiten entsprechen.

Prozesse, die von Grund auf neu gedacht werden, bergen ein großes Verbesserungspotenzial. Es besteht die Möglichkeit, erhebliche Leistungssteigerungen, Kostenreduktionen und Qualitätsverbesserungen zu erzielen. Der Ansatz ist jedoch mit einem großen Aufwand verbunden und erfordert hohe Investitionen in Zeit, Ressourcen und häufig auch in technologische Innovationen. Die Implementierung kann einschneidend sein und umfassende Schulungen sowie Change-Management erfordern. Produktionsunternehmen sind häufig gezwungen, veraltete Technologien durch vollständig neue Systeme zu ersetzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Kliniken hingegen können medizinische Technologien, wie neue Geräte und Systeme, etappenweise in bestehende Abläufe integrieren, ohne dass eine vollständige Neugestaltung der Prozesse erforderlich ist. Hier ist der Ansatz einer schrittweisen Optimierung zu wählen, da dieser mit einem geringeren Aufwand und weniger Ressourcen in einer kürzeren Zeit schnelle und sichtbare Erfolge für alle Beteiligten erzielt. Im Gegensatz zur fundamentalen Prozessoptimierung ist die inkrementelle Prozessoptimierung, oft als Kaizen oder Continuous Improvement Process (CIP) bezeichnet, ein evolutionärer Ansatz,der auf kontinuierliche Verbesserung setzt. Sie beinhaltet regelmäßige, kleine Anpassungen zur schrittweisen Verbesserung bestehender Prozesse in täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Abständen.

Kliniken profitieren von dieser Methode durch einen reduzierten Ressourceneinsatz und lediglich kurze Unterbrechungen des laufenden Betriebs. Die kumulativen Effekte von regelmäßigen Verbesserungen führen langfristig zu erheblichen Leistungssteigerungen. Der Fokus liegt darauf, kontinuierlich zu lernen und sich anzupassen. Prozesspower: Lean, Six Sigma & Co. Für die Umsetzung des inkrementellen und fundamentalen Ansatzes gibt es eine Vielzahl von Methoden, Techniken und Verfahren zur Prozessoptimierung.

Einige der häufigsten Ansätze umfassen Lean Management, Six Sigma, Total Quality Management, Theory of Constraints, Business Process Reengineering und Agile Methoden wie Scrum und Kanban. Alle Ansätze in vollem Umfang zu beherrschen ist unrealistisch, zudem ist nicht jedes Verfahren für jedes Problem oder jede Organisation geeignet. Es ist wichtig, die richtige Methode für den jeweiligen Kontext auszuwählen und sich auf diejenige zu konzentrieren, die den größten Nutzen verspricht. Ein häufiges Problem in Kliniken sind nicht wertschöpfende Tätigkeiten, die als Verschwendung betrachtet werden. Diese resultieren oft aus ineffizienten Abläufen und verdeckten "Energiefressern", so dass Mitarbeitende nie wieder unnötig suchen, laufen, telefonieren, nachfragen, warten, etwas holen, doppelt machen oder korrigieren müssen.

Digitale Prozessoptimierung leicht gemacht

Ein ganzheitliches, digitales Workflow-Management zur Umsetzung des inkrementellen Ansatzes etabliert prozessorientierte Lösungen und befähigt Kliniken Zeit zu sparen und Verschwendung zu vermeiden, indem es die Kompetenz sicherstellt, Prozesse dezentral, eigenverantwortlich und transparent zu gestalten sowie Abläufe effektiv und effizient zu managen.

Alle beteiligten Mitarbeitenden werden aktiv in den Verbesserungsprozess eingebunden, da sie die alltäglichen Abläufe und mögliche Schwachstellen am besten kennen. Dies fördert die Akzeptanz und die Fähigkeit des Klinikteams, rasch auf Veränderungen zu reagieren und Prozesse eigenständig und flexibel an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen. Durch regelmäßige Prozessüberprüfungen und -analysen mit hilfe einer Software lassen sich Abweichungen von Standards frühzeitig erkennen und beheben. Ineffizienzen werden identifiziert und vorhandene Ressourcen zielgerichtet eingesetzt. Das Ergebnis sind schlanke, störungsfreie und rentable Abläufe, mehr Effizienz und insgesamt bessere Arbeitsbedingungen für das Personal, das sich nun auf seine eigentlichen Kernaufgaben konzentrieren kann.

Die Prozessoptimierung in Kliniken ist entscheidend, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu begegnen. Ein erfolgreiches Workflow-Management, bietet eine umfassende Lösung zur Steigerung von Effizienz, Produktivität, Qualität sowie Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit. Durch den gezielten Einsatz digitaler Technologien und die Etablierung standardisierter Prozesse können Kliniken ihre Ressourcen optimal nutzen, Kosten reduzieren, ihre Leistung nachhaltig verbessern und somit ihren Erfolg langfristig sicherstellen.

Der Autor und das IWiG wurden im April für dieses inkrementelle Konzept mit dem Förderpreis des DVKC in der Kategorie Tools & Prozesse 2024 ausgezeichnet.


Michael Greiling

Prof. Dr. rer. oec. Dipl. Soz.-Päd. Michael
Greiling, Institut für Workflow-Management
im Gesundheitswesen (IwiG),
Professur für Workflow-Management,
Europäische Fachhochschule


Quelle: Krankenhaus-IT Journal, Ausgabe 03/2024 - Stand Juni 2024


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