KI im Klinikalltag: Große Sprachmodelle könnten zukünftig bei der Suizidprävention unterstützen

Veröffentlicht 06.12.2024 09:50, Dagmar Finlayson

Künstliche Intelligenz (KI) könnte in Zukunft dabei helfen, suizidgefährdete Patientinnen und Patienten frühzeitig zu erkennen und medizinisches Personal rechtzeitig zu informieren. Das berichten Forschende vom Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit der Technischen Universität (TU) Dresden gemeinsam mit Medizinerinnen und Medizinern der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden in ihrer Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift „The British Journal of Psychiatry“ veröffentlicht wurde.

Für die Analyse von Texten aus der psychiatrischen Anamnese nutzten die Autorinnen und Autoren ein neues großes Sprachmodell (Large Language Model – kurz: LLM) der Familie „Llama-2“. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten wissen, wie gut ihr Modell den Suizidalitätsstatus bei Patientinnen und Patienten identifizieren kann – etwa ob lebensmüde Gedanken oder ein Todeswunsch bestehen. Dafür untersuchten sie einhundert Aufnahmedokumente und zeigten, dass das verwendete Modell diese Fälle zuverlässig und mit hoher Genauigkeit erkennt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzten lokale, klinikinterne Server, um sensible persönliche Daten optimal zu schützen und die Privatsphäre zu wahren.

„Wir konnten zeigen, dass Hinweise auf Suizidalität bei Patientinnen und Patienten automatisiert aus elektronischen Gesundheitsakten extrahiert werden können – mithilfe von großen Sprachmodellen. Unsere Ergebnisse unterstreichen das große Potenzial dieser Large Language Models für die Medizin. Obwohl wir ein nicht speziell für die Analyse von psychiatrischen Daten entwickeltes Modell verwendet haben, waren die Ergebnisse zuverlässig und präzise. Und sie lassen sich durch weitere Anpassungen noch weiter verbessern. Mögliche Anwendungen in der Klinik umfassen Frühwarn- und Überwachungssysteme für psychiatrische Notfälle, eine verbesserte Qualitätssicherung sowie die Analyse von psychiatrischen Symptomen innerhalb großer Datenmengen“, sagt Falk Gerrik Verhees, einer der Erstautoren der Studie und Psychiater am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden.

Die Forschenden weisen darauf hin, dass es nun weiterer Untersuchungen bedarf, bis diese Modelle tatsächlich erfolgreich in den Klinikalltag integriert werden können. Mit ihrer Publikation zeigen sie, dass lokal genutzte, große Sprachmodelle in der Lage sind, klinische Informationen aus freiem Text mit hoher Genauigkeit zu extrahieren. Durch die Verwendung von lokalen Lösungen mit geringen Hardwareanforderungen sinken auch die Hürden für eine Umsetzung in die Praxis.

„Diese KI-Methoden könnten medizinisches Fachpersonal in ihren Entscheidungen künftig unterstützen und die medizinische Dokumentation erleichtern. Das würde nicht nur unmittelbar die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern, sondern auch die medizinische Forschung langfristig voranbringen“, sagt Dr. med. Isabella C. Wiest, Erstautorin der Studie, Ärztin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden und Forscherin am EKFZ für Digitale Gesundheit.

Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit

Das EKFZ für Digitale Gesundheit an der Technischen Universität Dresden und dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wurde im September 2019 gegründet. Es wird mit einer Fördersumme von 40 Millionen Euro für eine Laufzeit von zehn Jahren von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung gefördert. Das Zentrum konzentriert seine Forschungsaktivitäten auf innovative, medizinische und digitale Technologien an der direkten Schnittstelle zu den Patientinnen und Patienten. Das Ziel ist dabei, das Potenzial der Digitalisierung in der Medizin voll auszuschöpfen, um die Gesundheitsversorgung, die medizinische Forschung und die klinische Praxis deutlich und nachhaltig zu verbessern.

Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 26 Kliniken und Polikliniken, sieben Institute und 19 interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten. Mit 1.410 Betten und 201 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist das Dresdner Uniklinikum das größte Krankenhaus der Stadt und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Rund 1.122 Ärztinnen und Ärzte decken das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 2.214 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patientinnen und Patienten. Wichtige Behandlungsschwerpunkte des Uniklinikums sind die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die an Krebs, Stoffwechsel- und an neurodegenerativen Erkrankungen leiden.

Die Deutschen Universitätsklinika sind führend in der Therapie komplexer, besonders schwerer oder seltener Erkrankungen. Die 36 Einrichtungen spielen jedoch als Krankenhäuser der Supra-Maximalversorgung nicht nur in diesen Bereichen eine bundesweit tragende Rolle. Die Hochschulmedizin ist gerade dort besonders stark, wo andere Krankenhäuser nicht mehr handeln können: Sie verbindet auf einzigartige Weise Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Die Uniklinika setzen federführend die neuesten medizinischen Innovationen um und bilden die Ärzte von morgen aus. Damit sind "Die Deutschen Universitätsklinika" ein unersetzbarer Impulsgeber im deutschen Gesundheitswesen. Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) macht diese besondere Rolle der Hochschulmedizin sichtbar. Mehr Informationen unter: www.uniklinika.de

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden


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