Miguel Goncalves von der Würzburger HNO-Klinik und Marc Aubreville von der Hochschule Flensburg wollen in einem gemeinsamen Projekt die Diagnostik und Therapie von seltenen und oft schwer behandelbaren Tumoren im anatomisch komplexen Bereich der Nasennebenhöhlen verbessern. Dazu kombinieren die Forscher und ihre Teams modernste bildgebende Verfahren wie die konfokale Laserendomikroskopie mit KI-gestützter Analyse und chirurgischer Navigation. Das Forschungsprojekt wurde von der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Kopf-Hals-Tumoren (IAG-KHT) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) ausgezeichnet und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 675.216 Euro gefördert.
Sinunasale Tumore sind eine besondere Herausforderung für die Kopf- und Halschirurgie. Um sicherzustellen, dass das bösartige Gewebe in den Nasenhöhlen und Nasennebenhöhlen vollständig entfernt wurde, werden bei herkömmlichen Operationsmethoden oft Gefrierschnitte eingesetzt. Das Gewebe wird sofort eingefroren, damit die Zellstrukturen erhalten bleiben und man sie in dünne Schichten schneiden kann. Die Schichten werden dann unmittelbar in der Pathologie unter dem Mikroskop untersucht. Ein Gefrierschnitt kann also schnell zeigen, ob der Rand des entnommenen Gewebes tumorfrei ist oder ob weitere Entfernungen nötig sind. „Doch oft bleibt eine Unsicherheit, denn sensible Strukturen wie der Sehnerv, die innere Halsschlagader oder das Gehirn lassen sich nicht so einfach untersuchen. Eine Biopsie in diesen Bereichen wäre entweder technisch nicht möglich, zu gefährlich oder würde während der Operation zu lange dauern“, erläutert Privatdozent Dr. med. Miguel Goncalves, Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO), Kopf- und Hals-Chirurgie am Universitätsklinikum Würzburg.
Gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Marc Aubreville vom Forschungsinstitut FLAIR (Flensburg Artificial Intelligence Research) der Hochschule Flensburg, arbeitet Miguel Goncalves an einer neuen Methode, mit der die Schleimhaut der Nasen- und Nasennebenhöhlen direkt während der Operation mikroskopisch untersucht werden kann, ohne dass Gewebe entnommen werden muss. KI-gestützte Analysen sollen den Chirurgen navigieren. Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Optische Biopsie von sinunasalen Tumoren mittels konfokaler Laserendomikroskopie: Eine klinische und KI-gestützte Auswertung und Visualisierung“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 675.216 Euro gefördert. Auch die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Kopf-Hals-Tumoren (IAG-KHT) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) sah in dem Projekt Potenzial: Sie zeichnete es mit dem diesjährigen AG-Preis aus.
Modernste Bildgebungstechnologien, KI-gestützte Analysen und chirurgische Navigation
Die Forscher aus den Bereichen Medizin und Informatik setzen in dem Projekt eine konfokale Laserendomikroskopie ein, mit der die Operierenden in Echtzeit detaillierte und hochauflösende Bilder erhalten, die genau zeigen, wie weit sich der Tumor in der Nasenhöhle und in den Nasennebenhöhlen ausgebreitet hat. Der Laser liefert präzises Licht, die konfokale Technik sorgt für scharfe, schichtweise Bilder, und das Endoskop ermöglicht es, diese Bilder direkt vor Ort, also in der Nase zu machen, ohne dass Gewebe entnommen werden muss. „Diese Technologie könnte helfen, schwer zugängliche Bereiche besser zu beurteilen und die Entfernung von Tumoren sicherer und präziser zu machen“, erklärt Miguel Goncalves.
Im Rahmen des Forschungsprojekts werden auch Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) entwickelt, die die Bilder analysieren und die Operationsplanung verbessern können. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Verknüpfung dieser endoskopischen Echtzeit-Bildgebung mit dreidimensionalen Daten aus CT- und MRT-Aufnahmen. So entsteht ein umfassendes virtuelles Modell, das die Chirurginnen und Chirurgen während der Operation präzise führen kann. Durch die Kombination modernster Bildgebungstechnologien, KI-gestützter Analysen und chirurgischer Navigation hat das Projekt das Potenzial, die Diagnostik und Therapie von seltenen und oft schwer behandelbaren Tumoren im komplexen anatomischen Gebiet der Nasennebenhöhlen deutlich zu verbessern.
Langfristige Verbesserung der Überlebensraten und Lebensqualität
„Bösartiges Gewebe kann leichter von gesundem Gewebe unterschieden werden, die chirurgische Präzision wird optimiert und durch die vollständige und gleichzeitige minimalinvasive Tumorentfernung werden die Überlebensraten und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten langfristig verbessert“, fasst Miguel Goncalves die Vorteile der neuen Methode zusammen. Durch die schonende Operationsmethode sinkt zudem das Risiko für Komplikationen und Funktionsverluste von gesunden Strukturen. Und: Eine breitere Anwendung dieser Technologien könnte in Zukunft in vielen klinischen Bereichen zur Standarddiagnostik führen und damit allgemein zugänglicher und kostengünstiger werden.
Umfangreiche Vorarbeiten
Das Projekt baut auf umfangreichen Vorarbeiten der Forschungsgruppe zur konfokalen Laserendomikroskopie im Kopf-Hals-Bereich auf, die bereits ein ähnliches DFG-Projekt im Bereich von Mundhöhle, Rachen (Pharynx) und Kehlkopf (Larynx) erfolgreich abgeschlossen hat (DFG). Die Ergebnisse zeigten bereits eine hohe Genauigkeit bei der Klassifizierung von malignem Geweben.
Quelle: Universitätsklinikum Würzburg
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