Ist die personelle Zukunft der IT im Krankenhaus sicherzustellen - bei weniger Bewerbern und noch weniger passendem Know-how? Wie das Krankenhaus eine Personalgewinnung gestalten kann und wie es sein Personal auch binden und halten kann, war Thema beim virtuellen Clubabend des KH-IT im Oktober 2021. Der IT-Fachkräftemangel im Krankenhaus ist weiter auf hohem Niveau. IT-Chefs tauschten Erfahrungen aus. Die online-Botschaft für die Teilnehmer: Zwar ist der Personalmarkt ausgedünnt, dennoch gibt es Wege hin zu neuen Mitarbeitern. Dorthin moderierten Lars Forchheim und Reimar Engelhardt geschickt die IT-Kollegen aus Abteilungen deutscher Krankenhäuser.
„Wir leben in einem von außen als „angestaubt“ betrachtetes Arbeitsumfeld,“ meinte Referent IT-Leiter Lars Buschkamp zum Job in der Krankenhaus-IT beim Clubabend des Bundesverbandes der Krankenhaus IT-Leiterinnen/Leiter KH-IT. Das betreffe weniger den Stand der Technik oder die ambitionierten IT-Prozesse und Arbeitsanforderungen. Vielmehr sei Grund: Es fehlten häufig schlicht die monetären Mittel. Ausgebildete Fachkräfte seien nicht leicht für einen Umstieg in das Gesundheitswesen zu begeistern. Wie es beim KH-IT-Clubabend hieß, fänden IT-Profis aus anderen Branchen eher nur in Minderzahl den Weg zu Healthcare. Diese Umsteiger motiviert unter anderem, dass es im Arbeitsfeld Krankenhaus um „Menschen und nicht um Produkte“ geht. Gegenüber den Angeboten der Konkurrenz aus Industrie und Beratung sei bei Krankenhausgehältern nur schwer mitzuhalten. Der IT-Fachkräftemangel bei medizinischen Leistungserbringern ebbt nicht ab.
Blick über den Rand des leeren Tellers
Marktanalysen zeigten 2020 brachenübergreifend rund 86.000 Stellen für IT-Experten vakant. Laut Branchenverband Bitkom sei das der zweithöchste jemals gemessene Wert seit der Ersterhebung im Jahr 2011. Bei den Skills suchen Unternehmen vor allem Informatiker, die sich durch analytisches Denken, Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit auszeichnen. Eine große Rolle spielt auch die Verständigung: Knapp neun von zehn Unternehmen (87 Prozent) sehen Deutschkenntnisse als Muss, acht von zehn (82 Prozent) allgemeine Kommunikationsfähigkeiten. Aktuell monieren sieben von zehn befragten Unternehmen aus allen Branchen (70 Prozent) einen Mangel an IT-Spezialisten. Sechs von zehn Unternehmen (60 Prozent), gehen sogar davon aus, dass sich der IT-Fachkräftemangel künftig noch verschärfen wird. Bereits jetzt dauert es im Schnitt bis zu sechs Monate, eine vakante IT-Stelle zu besetzen - eine Herausforderung für die Personalbeschaffung.
Wo Kandidaten herkommen können
Licht am Horizont für Krankenhäuser könnte das Krankenhauszukunftsgesetz KHZG bringen, denn dadurch ist die IT stärker in den Fokus der Fachöffentlichkeit gerückt. Bei der Ansprache der Kandidaten sind veschiedene Wege möglich. Laut Lars Buschkamp über das Schwarze Brett, die eigene Website oder Business-Plattformen wie Linkedin sowie Xing, aber auch Anzeigen sowie Fachgruppen möglich. Qualität der gesuchten neuen Mitarbeiter versprechen Kontakte zu Ausbildungsinstitutionen wie IHK und Hochschulen in der Region.
Ausbildungsplattformen wie Azubi-plus mit kostenfreien Bewerberprofilen können Kontakte zu interessierten Ausbildungsbetrieben bieten. Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst können ebenso wie Studienabbrecher in die Personalgewinnung passen. Perspektive kann ein Studium bieten. Diffizil kann sich gerade hierbei die Absprache zwischen Personalabteilung, Arbeitsvermittlung sowie die Arbeitsförderung gestalten.
Ausbilden im eigenen Haus kostet Zeit und Geld. Ein Ausbildungsleiter muss für die Einsteiger bei Gesprächen und Hilfestellung aktiv vorhanden sein. Ein möglicherweise ertragreicher Weg, der allerdings mit ca. 40000 Euro p.a. zu Buche schlägt, so Schätzungen. Allgemein überwiegen für das Krankenhaus die Vorteile, wenn erkennbarer Fortbildungswille vorhanden ist. Nach wie vor sind Diskussionen zu führen über die zu erwartenden Personalkosten.
Erfahrungen bei der Kandidatensuche
Erfahrungen bei der Kandidatensuche ernüchtern. So kam beim KH-IT-Clubabend zur Sprache: Stellenausschreibung für Anwendungsentwickler KIS erbrachten 3 Bewerber, darunter war 1 Fachkraft. Für Mitarbeiter im IT Support meldeten sich 26 Bewerber, davon kamen 10 in die engere Wahl, doch nur 2 Fachkräfte besaßen ein erwünschtes IT-Profil.
Im Einstellungsablauf testen erfahrene IT-Chefs wie IT-Leiter Buchkamp Kandidaten mit „Übungen“ theoretischer und IT-praktischer Art. Kernpunkt dabei: der intelligente Umgang mit Problemen. Außerdem können Kennlerngespräche in der künftigen IT-Abteilung, bei denen sich die künftigen Kollegen und die Kandidaten austauschen, hilfreich für die Entscheidung „pro“ Klinik sein, wie eine IT-Chefin berichtete.
Ganz oben: Anerkennung und Wertschätzung
Was hält einen Mitarbeiter im Krankenhaus? Ganz oben stehen aktive Anerkennung und Wertschätzung – nicht als bloße Lippenbekenntnisse. Denn oft sei die erfahrene Geringschätzung aus verschiedenen Bereichen des Krankenhauses dadurch verstärkt wettzumachen. Fixpunkte sind innerhalb der Unternehmenskultur umso mehr die faire IT-Leitung und Karriereperspektiven, ebenso ein angenehmer Arbeitsplatz und gelebte Work Life Balance werden geschätzt. Besonders Qualifizierung gilt als eine der wichtigen Stellschrauben, betonen IT-Chefs. Daher ist der Wunsch aus der IT-Leitung nach einem festen Budget für die IT-Weiterbildung der Fachkräfte vorhanden. Wie indes zu hören ist, scheitert hierbei die IT nicht selten an den Vorstellungen der Geschäftsleitung – kaum ein Beispiel für „Great Place to Work“.
Lars Forchheim, Stellvertretender Vorsitzender Vorstand KH-IT, Moderator
Reimar Engelhardt, ehemaliger Vorstand KH-IT, Gastgeber und Moderator
Lars Buschkamp, IT-Leiter bei Lukra:Conzept GmbH, Bünde, Nordrhein-Westfalen