KH-IT-Frühjahrstagung 2023: Intelligenter Optimismus ist Pflicht

Bundesverband der Krankenhaus-IT Leiterinnen und Leiter e.V. KH-IT

Veröffentlicht 02.06.2023 10:00, Kim Wehrs

Die KH-IT-Frühjahrstagung 2023 am 22. und 23.05.2023 in Nürnberg informierte über „KI, Machine Learning, Automatisation und Verantwortung". Aus der Praxis für die Praxis gaben Experten über 200 Verantwortlichen der Krankenhaus-IT  interdisziplinäre Impulse. Vor allem ging es um Konzeption, Umsetzung und Erfahrungen zukunftsweisender Lösungen.




Der Anlass für die Themenauswahl der Frühjahrstagung „KI, Machine Learning, Automatisation und Verantwortung" ist hochaktuell. Im Moment herrscht große Aufmerksamkeit für das Thema „künstliche Intelligenz“. Motiv für Prof. Dr. phil. Rouven Porz, Medizinethik und ärztliche Weiterbildung,  Universitätsspital Bern, zu fragen: „Kann KI gut sein?“ Manche meinen, dass die KI unsere ganze Welt revolutionieren kann, andere haben Angst, dass sie jetzt ihren Arbeitsplatz an KI  verlieren. Wieder andere wissen gar nicht genau, was mit KI gemeint ist. Da kommt nun die Ethik ins Spiel. „Man hat nämlich Angst, dass im ganzen Rummel um die Möglichkeiten der KI vielleicht grundsätzliche ethische Regeln des guten menschlichen Miteinanders verloren gehen können,“  meinte der Referent. „Davon handelt die Ethik.“ Und davon handelte auch sein Vortrag. „Ich appelliere an Verantwortung, und  daran, dass jeder und jede von uns diese Verantwortung auch selbst übernehmen muss.“ Der Einsatz von Systemen der künstlichen Intelligenz braucht Regeln. Nicht viele, aber zielorientierte und wirksame. Künstliche Intelligenz und Roboter sind Chance und Risiko zugleich, je nachdem, wofür sie eingesetzt werden. Anzustreben ist ein differenzierter Ansatz, der möglichst viel Raum für Innovation lässt und dank allgemeingültigen, technologieneutralen Regeln in der Lage ist, der raschen technischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Hier kann ein Zitat von Philosoph Karl Popper die Richtung weisen: „Optimismus ist Pflicht.“ Es ist nämlich wahrscheinlicher, dass die Dinge besser werden, wenn man aktiv daran arbeitet, als sie ignoriert.
 

Potentiale Künstlicher Intelligenz

Digitalisierungsgewinne durch „KI, Machine Learning, Automatisation“ sind für klinische Anwendungen, Telekommunikation und Medizintechnik zu erwarten. Wirtschaftliche, technische und organisatorische Auswirkungen auf Ressourcen finden sich täglich. Es kommen rasch weitere dazu.

Aktuell leiden immer mehr Krankenhäuser unter den Auswirkungen eines massiven Fachkräftemangels. Mittels automatisierter Prozesse und technischer Ansätze zur Entlastung der Mitarbeiter von Routinetätigkeiten werden Rationalisierungspotentiale gesucht, die häufig auch komplexe Verknüpfungen bisher erhobener Daten erfordern. Diese Potentiale lassen sich inzwischen meist nur noch mit Ansätzen Künstlicher Intelligenz heben, da einfachere Verfahren bereits ausgereizt sind. Auf der Tagung waren einige beispielhafte Ansätze und verschiedene Strukturen zu sehen, ihre Auswirkungen bzw. auch die erforderlichen Voraussetzungen wurden thematisiert. So will SVA System mit „Elastic Security: Sicherheit mit KI und Machine Learning“ die Herausforderungen der Digitalisierung angehen und einen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. 

Gewandelte Aufgaben und Anforderungen für Entscheider ergeben sich durch die Integration von KI, Machine Learning und Automatisation. Sie können erhebliche Zeitersparnis bei Routinetätigkeiten wie der Vorsortierung und Kategorisierung von DICOM-Bildern oder Entlastung bei Routinetätigkeiten im Rechenzentrum bringen. Außerdem können sie Erlösoptimierungen wie bei der intelligenten Verarbeitung von Leistungen der Krankenhausabteilungen zur automatischen Kodierung ermöglichen. Nebeneffekt: Damit kann dem akuten Mangel an Fachkräften entgegenwirkt werden.

Mit Machine Learning und KI sind Wissenspotenziale zu erschließen, wie Anett Müller, DMI, und Wilhelm Brinkmann, St. Vincenz-Kliniken, Paderborn, darstellten. Eine solche Roadmap für das digitale Datenmanagement zeigt Informationssicherheit, technische Kommunikationsfähigkeit, Prozessoptimierung und Wissensgenerierung auf mit der digital konsolidierten Patientenakte im Fokus. Verantwortliche, die ihren Krankenhausbetrieb erfolgreich managen möchten, müssen qualifiziert mit den Daten beim Einsatz neuer Technologien umgehen.



Abbildung: KI: Technische Herausforderungen für Unternehmen (Quelle Fujitsu)

 

Künstliche Intelligenz in Gesamtheit verstehen

Künstliche Intelligenz (KI) ist eines der Technologiethemen, das ein hohes disruptives Potenzial aufweist. Um einen Mehrwert generieren zu können und KI erfolgreich in Unternehmen zu etablieren, müssen mehrere Aspekte betrachtet werden. Udo Würz, FUJITSU Technology Solutions GmbH Berlin, hinterfragte pointiert „Dr. KI – Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen“ und gab zu bedenken:  "Ausgereift oder der Assistent im Hintergrund"? Um im Rennen datengesteuerter Unternehmen mithalten zu können, müssen sowohl die Datenqualität sichergestellt als auch die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. KI-Technologien funktionieren nur dann gut, wenn die richtigen Daten vorliegen und Systeme auch die Fähigkeit haben, sich die relevanten Informationen zusammenzuziehen. Udo Würz: „Nur wer Künstliche Intelligenz in ihrer Gesamtheit versteht, kann einen klaren Wettbewerbsvorsprung erzielen.“


 

Abbildung: KI: Organisatorische Herausforderungen für Unternehmen (Quelle Fujitsu)


Europäischer Raum der Gesundheitsdaten 

In der etablierten „Aktuelle Stunde“ ging es u.a. um europäische Rechtsvorschriften zur Digitalisierung im Gesundheitssektor. Werner Bachmann, rechtl. Beirat KH-IT e.V., ging auf den „Europäischen Raum der Gesundheitsdaten“  ein. Er wird voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres verabschiedet. Im wesentlichen geht es um zwei Ziele: Einmal Portabilität von Gesundheitsdaten über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg, dementsprechend jederzeit Zugang und Kontrolle der Gesundheitsakte durch den betroffenen Patienten, Öffnung grenzüberschreitender Gesundheitsleistungen und damit einen Binnenmarkt für solche Leistungen, um zweiten einen  europäischen Pools von Gesundheitsdaten als nichtkommerzieller Datenraum zu schaffen, der für Forschung und Entwicklung zur Verfügung steht (d.h. Förderung datengetriebener medizinischer Verfahren für Diagnostik und Heilbehandlung.). Begleitet wird dies von einer behutsamen Revision der Datenschutzgrundverordnung und dem neuen Data Governance Act. Hören Sie das Interview mit Werner Bachmann, rechtl. Beirat KH-IT e.V., über IT Sicherheit des Gesundheitswesens, Beschaffung und Kooperation bei digitaler Infrastruktur sowie was daraus für den Berufsverband KH-IT folgt.

 

Digitalisierungsgewinn durch KI

Aspekte des Wissenstransfers aus der Praxis für die Praxis gehören zu „Digitalisierungsgewinnen“, gerade durch „KI, Maschine Learning, Automatisation“ für IT, Medizintechnik sowie für klinische Anwendungen. Wie sich Aufgaben und Anforderungen für IT-Entscheider durch Integration und Interoperabilität wandeln, zeigte die interaktive KI-Assistenz zur prädiktiven und flexiblen Steuerung im Entlass- und Überleitungsmanagement. „KI-basierte Entlassung“ ist ein Forschungsprojekt des Deutschen Forschungszentrums f. Künstliche Intelligenz (DFKI) zusammen mit der Empolis GmbH und der nubedian GmbH. Das Modell kann den Nachsorgeprozesse optimieren und dynamisch an die sich ändernden Anforderungen der anpassen. Ziel ist u.a. eine zeitgerechte Bedarfsermittlung, um die individuelle Versorgungsqualität zu verbessern. 

Wegen fortschreitender Digitalisierung und Big Data führt kein Weg an dieser neuen Technologie vorbei. Das Themenfeld KI durchzog daher die Tagungsagenda. „ChatGPT oder wie?“ provozierte  Prof. Dr. Thomas Jäschke, DATATREE AG. "Chatbot Generative Pre-trained Transformer" ChatGPT ist ein KI-Modell, das auf Basis von vorherigen Texten trainiert wurde.  Obwohl es viele Aufgabenstellungen unterstützen könne, seien seine Antworten immer kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen, da sie möglicherweise nicht immer fehlerfrei oder vollständig wären.  Dann gilt für den Medizininformatiker und Professor für Wirtschaftsinformatik: „Der Nutzen ist höher als der Schaden“. 

Weitere Themen und Referenten waren: „Der Weg zum autonomen Datencenter“, Markus Biesinger, NUTANIX GmbH, Andreas Lockau, Niels-Stensen-Kliniken, Osnabrück; Sprachbot für die Patientenkommunikation Maaike Sloof, aaron.ai,  Andreas Lockau, Niels-Stensen-Kliniken, Osnabrück; „Wer soll das alles befunden?“ Miriam Haustein, SIEMENS Healthineers, Strukturierte, interoperable Versorgungsdaten und ihre Anwendung in einem KI-gestützten klinischen Entscheidungsunterstützungssystem Dr. Moritz Augustin, Leiter Maschinelles Lernen, Tiplu GmbH.

 

Rückblick und Ausblick

Im Blick der Frühjahrstagung 2023 in Nürnberg standen gewandelte Aufgaben und Anforderungen für IT-Entscheider durch Integration und Interoperabilität. Vor allem geht es um Konzeption und Umsetzung von zukunftsweisenden Lösungen. Neben dem intensiven Austausch über aktuelle Trends, Entwicklungen und Erfahrungen vermittelte die KH-IT-Frühjahrstagung einen Überblick über den Stand von Künstlicher Intelligenz im Einsatz. Zugleich diskutierten die Teilnehmer in einer konstruktiven Auseinandersetzung das Potenzial von KI-Systemen, die potentiellen Risiken, Transformationshürden und Erfolgsorientierung. 

Den Ausblick auf die Herbsttagung 2023 gab Jürgen Flemming, KH-IT Vorstand e.V. Als Themen stehen am 20. und 21.9.2023 auf der Agenda: Services und Vernetzung intern, extern, interoperabel sowie Telematikinfrastruktur mit den Aspekten KIM und TIM. Die Tagung findet in Präsenz im Universitätsklinikum Dresden statt. Am 21.9.2023 ist die Mitgliederversammlung und die Wahl der neuen Vorstände und des Kassenprüfers angesetzt.

Bundesverband KH-IT - aus der Praxis für die Praxis

Der Bundesverband der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter e.V.  KH-IT ist der führende Berufsverband der Krankenhaus-IT-Führungskräfte. Das Motto der Konzepte, Projekte und Lösungen lautet dabei: Aus der Praxis für die Praxis. Ausgewählte Industrieaussteller haben die Gelegenheit, zum Wissenstransfer für Anwender beizutragen. Der KH-IT veranstaltet jährlich eine Frühjahrstagung und eine Herbsttagung. Der KH-IT steht allen leitenden und/oder verantwortlichen Mitarbeitern der Krankenhaus-IT offen.


Unsere Podcasts:



Hören Sie das Interview mit Horst-Dieter Beha, KH-IT-Vorsitzender, über Stellung und Würdigung der IT in der Klinik, Unterstützung der IT-Verantwortlichen durch den KH-IT und Akzente des KH-IT mit Blick auf die Zukunft der Krankenhaus-IT. 




Hören Sie hier das Interview mit Werner Bachmann, rechtlicher Beirat des Bundesverbandes KH-IT


www.kh-it.de


Autor und Fotos: Wolf-Dietrich Lorenz

 

Rouven Porz

Prof. Dr. phil. Rouven Porz, Medizinethik und ärztliche Weiterbildung,  Universitätsspital Bern:  „Kann KI gut sein?“


Annett Müller und Wilhelm Brinkmann 

Anett Müller, DMI, und Wilhelm Brinkmann, St. Vincenz-Kliniken, Paderborn: „Mit Machine Learning und KI sind Wissenspotenziale erschließen“


Udo Würz 

Udo Würz, FUJITSU Technology Solutions GmbH Berlin: „Dr. KI – Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen: Ausgereift oder der Assistent im Hintergrund?“


Werner Bachmann 

Werner Bachmann, rechtl. Beirat KH-IT e.V.: Europäische Rechtsvorschriften zur Digitalisierung im Gesundheitssektor.

Prof. Dr. Thomas Jäschke 

Prof. Dr. Thomas Jäschke, DATATREE AG:  „ChatGPT oder wie?“

Jürgen Flemming

Jürgen Flemming, KH-IT Vorstand e.V.: Ausblick auf die Herbsttagung 2023 mit Services und Vernetzung intern, extern, interoperabel sowie Telematikinfrastruktur mit den Aspekten KIM und TIM.


Horst-Dieter Beha

Horst-Dieter Beha, KH-IT-Vorsitzender: „Das Motto der Konzepte, Projekte und Lösungen lautet : Aus der Praxis für die Praxis.“


Teilnehmer Tagung 

Teilnehmer: konstruktive Auseinandersetzung über aktuelle Trends


Teilnehmer Tagung

Teilnehmer: intensiver Austausch über Entwicklungen und Erfahrungen


Teilnehmer Tagung

Teilnehmer: lebhafte Diskussion der Erfahrungen


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