Die Zunahme ambulanter Behandlungen wird durch den Bedarf an kosteneffizienteren und patientenfreundlicheren Behandlungsformen vorangetrieben. Fortschritte in der Medizintechnik und optimierte ambulante Versorgungskonzepte ermöglichen eine Verlagerung vieler Eingriffe aus dem stationären Bereich. Für Krankenhäuser bedeutet dies, dass sie Maßnahmen ergreifen und finanzielle Mittel in Infrastruktur und Prozessoptimierung investieren müssen, um ambulante Fälle zukünftig behandeln und abrechnen zu können. Von Fabian Binöder, Director bei EY Strategy & Transactions GmbH.
Prozessoptimierung: Effizienzsteigerung für eine höhere Anzahl ambulanter Behandlungen
Um die Voraussetzungen für die Ambulantisierung zu schaffen, bedarf es umfassender Prozessoptimierungen. Krankenhäuser müssen ihre Abläufe verbessern, um die steigende Anzahl ambulanter Behandlungen effizient zu bewältigen, inklusive besserer Patientenaufnahme, präziser Terminplanung und optimierter Ressourcenallokation.
Digitale Lösungen wie intelligente Kalender maximieren die Auslastung von Ärzten, Sprechstunden und Behandlungsräumen und minimieren Wartezeiten. Die Implementierung von Patientenportalen ist entscheidend, um Patientenströme präzise zu steuern und sicherzustellen, dass Patienten zur richtigen Zeit und am richtigen Ort behandelt werden. Schnittstellen und Interoperabilität: Technologische Anforderungen und Lösungen Neben umfassenden Prozessoptimierungen ist die Sicherstellung einer nahtlosen Integration und Interoperabilität verschiedener Technologien entscheidend für eine effiziente Kommunikation und den Datenaustausch zwischen ambulanten und stationären Einheiten. Interoperable IT-Lösungen wie standardisierte Protokolle (z. B. HL7 FHIR) und semantische Standards (z. B. SNOMED CT, LOINC, etc.) sind dabei entscheidend, um eine ganzheitliche Patientenversorgung zu gewährleisten und Behandlungsdaten einheitlich zu verwalten. Dies erfordert Investitionen in interoperable elektronische Gesundheitsakten und Schnittstellenstandards zur Sicherstellung eines reibungslosen Informationsflusses zwischen Gesundheitseinrichtungen.
Finanzierung: Herausforderung der Hybrid-DRG
Die Einführung der Hybrid-DRGs zielt darauf ab, eine sektorengleiche Vergütung für ambulante und stationäre Eingriffe sicherzustellen, um Anreize für mehr ambulante Behandlungen zu setzen und Kosten zu senken. Gleichzeitig soll sie dem medizinischen Fortschritt, demografischen Wandel und dem wachsenden Fachkräftemangel Rechnung tragen.
In der Praxis stoßen diese Regelungen jedoch auf erhebliche Herausforderungen. Ein zentrales Problem besteht darin, dass diese Behandlungen aus technischen Gründen nicht korrekt mit den Krankenkassen abgerechnet werden können, da die erforderlichen Abrechnungs-voraussetzungen fehlen. Dies erfordert eine Anpassung der Abrechnungssysteme und internen Prozesse, um den Anforderungen der Hybrid- DRG-Verordnung gerecht zu werden.
Medizinische Versorgungszentren: Vielversprechender Ansatz
Investitionen in eigene Medizinische Versorgungszentren (MVZ) bieten Krankenhäusern mehrere Vorteile. Sie senken die Kosten und Ressourcen, die für die Organisation stationärer Aufenthalte der Patienten anfallen. Durch die Ausgliederung bestimmter Leistungen und Behandlungen in eigene Gesundheitszentren bleibt die Vergütung weiterhin im Gesamtkonstrukt der Klinik und es wird ein gesicherter stationärer Patientenfluss gewährleistet.
Trend zur Ambulantisierung
Krankenhäuser stehen vor enormen Herausforderungen, darunter zählen steigende Kosten, zunehmender Fachkräftemangel und veränderte Regulatorik. Fest steht, dass Krankenhäuser vor signifikanten Herausforderungen im Zuge der Ambulantisierung stehen, aber auch vor großen Chancen. Die Verlagerung von Eingriffen in den ambulanten Bereich erfordert umfangreiche Prozessoptimierungen und Investitionen in Infrastruktur sowie digitale Lösungen zur Effizienzsteigerung. Die Sicherstellung einer nahtlosen Integration und Interoperabilität von Technologien ist entscheidend für eine umfassende Patientenversorgung. Trotz der Potenziale, die Hybrid-DRGs bieten, um Kosten zu senken und ambulante Behandlungen zu fördern, bestehen erhebliche Herausforderungen bei der Implementierung, insbesondere in der Abrechnung und Kostenallokation. Die Etablierung eigener Medizinischer Versorgungszentren ist ein vielversprechender Ansatz, um die Ambulantisierung erfolgreich umzusetzen und langfristig die Effizienz und Patientenzufriedenheit zu verbessern.
Autor: Fabian Binöder, Director bei EY Strategy & Transactions GmbH
Quelle: Krankenhaus-IT Journal, Ausgabe 04/05-2024, Stand Oktober 2024