Auf dem Weg in die digitale Zukunft nehmen gerade medizinische Führungskräfte eine Schlüsselrolle ein. Sie gestalten das Arbeitsumfeld mit und treiben den Wandel voran - und benötigen dazu neue Kompetenzen aus dem Bereich des Changemanagements. Oder anders gesagt: Medizinische Führungskräfte müssen zu sogenannten “Change-Agents“ werden. Von Laura Johnen, Rochus Mummert Healthcare Consulting
Ob OP-Roboter, elektronische Patientenakte oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz: Die Zukunft liegt im Digitalen. Für das Gesundheitswesen ist das eine Chance. So sehen das knapp drei Viertel der Ärztinnen und Ärzte, die 2022 für eine Studie des Branchenverbands Bitkom zur Digitalisierung in Praxis und Klinik befragt wurden.
Die Rolle des Medizinexperten als Change-Agent
Der Begriff „Change-Agent“ bezeichnet eine Person, die in der Lage ist, Veränderungen innerhalb einer Organisation zu fördern und zu begleiten. Dabei geht es darum, neue Technologien und Prozesse in den Arbeitsalltag zu integrieren und Mitarbeitende durch den Wandel zu führen.
Für Medizinexpertinnen und -experten sind daher folgende Kompetenzen essenziell:
■ Kommunikationsstärke: Es ist wichtig, klar zu kommunizieren, wieso die Veränderung notwendig ist und Verständnis für Neuerungen zu schaffen. Auch während des Prozesses ist der ständige Austausch auf Augenhöhe von zentraler Bedeutung, um die Personen auf allen Ebenen des Unternehmens zu verstehen und ihr Feedback in den Prozess einfließen zu lassen.
■ Führungsqualitäten: Veränderungen schüren oft Ängste oder Vorbehalte. Gute Führung heißt daher, Vertrauen auf-zubauen und das Team gut anzuleiten und zu motivieren. Auch sollten Mitarbeitende in den Veränderungsprozess mit eingebunden werden. So werden sie Teil des Wandels und tragen diesen mit.
■ Technisches Verständnis: Führungskräfte sollten sich einen grundlegenden technischen Wissensschatz aneignen, um zu verstehen, wie neue Technologien funktionieren und ob sie für den medizinischen Alltag von Relevanz sind. Dieses technische Verständnis hilft zudem im späteren Austausch mit IT-Fachkräften.
Diese und weitere für das Changemanagement erforderlichen Kompetenzen gehören in der Regel noch nicht zum Skill Set der meisten medizinischen Führungskräfte. Wie also erwerben?
Wichtig ist es, in den Austausch zu gehen und neue Kompetenzen zu erlangen. Beispielsweise durch Real-Time Simulationen, in denen Herausforderungen aus dem Alltag in einem geschützten Rahmen simuliert werden. So können sich Führungskräfte auf schwierige Gespräche, Krisenmanagement und Entscheidungsfindung unter Druck vorbereiten. Ebenfalls geeignet sind Peer-Learning Gruppen. Hier treffen sich Führungskräfte regelmäßig, um Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Diese Treffen werden durch eine erfahrene Moderation geleitet und oft durch Fachleute ergänzt, die tiefergehende Einblicke in spezielle Themen bieten.
Damit Führungskräfte ihre neue Rolle im digitalen Gesundheitswesen einnehmen können, braucht es eine wichtige Ressource: Zeit. Eine Ressource, die im Gesundheitswesen in der Regel Mangelware ist. Nichtsdestoweniger gibt es Möglichkeiten, um die Ressource Zeit anders aufzuteilen und mehr Raum für die Aufgabe als Change-Agent zu schaffen. Beispielsweise, indem Führungskräfte dazu ermutigt werden, Routineaufgaben an kompetente Teammitglieder zu delegieren. Das kann geschehen, indem klare Verantwortlichkeiten eingerichtet und Mitarbeitende in spezifischen Aufgabenbereichen trainiert werden. Ebenfalls hilfreich: flexiblere Arbeitsgestaltung. Zusammen mit der Möglichkeit, bestimmte Tätigkeiten von zu Hause aus zu erledigen, kann die Arbeitslast besser verteilt und die Produktivität erhöht werden. Dies gibt Führungskräften mehr Spielraum, sich auf strategische Aufgaben zu konzentrieren.
Vom Experten zum Gestalter
Der digitale Wandel ist unausweichlich, um die Gesundheitsversorgung in Deutschland zukunftsfähig zu machen. Das nimmt auch medizinische Führungskräfte in die Pflicht: Sie müssen über ihre traditionellen Aufgaben hinausgehen. Als Change-Agent sollten sie nicht nur die Rolle als Moderatoren des Wandels einnehmen, sondern auch als Impulsgeber fungieren, die ihre eigenen Vorschläge und Ideen in den Klinikbetrieb einbringen. Denn nur, wenn Veränderungen auch von innen heraus angeschoben werden, kann der digitale Wandel im Gesundheitswesen gelingen.
Autorin: Laura Johnen
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Quelle: Krankenhaus-IT Journal, Ausgabe 06/2024, Stand Dezember 2024