In Anbetracht des zum 31.12.2024 offiziell auslaufenden Förderzeitraums des KHZG kommt in manchen Häusern so etwas wie Endzeitstimmung auf. Da kommt gerne die Anfangsszene aus dem von Sergio Leone inszenierter Italowestern aus dem Jahr 1968 „Spiel mir das Lied vom Tod“ in den Sinn: erste Szene – Ende des 19. Jahrhunderts inmitten der Halbwüste im Südwesten der USA: Drei zwielichtige Revolvermänner in langen Staubmänteln besetzen den einsamen und heruntergekommenen Bahnhof Cattle Corner. Ein Zug trifft ein, doch scheint kein Reisender auszusteigen. Der Zug fährt weiter und die Männer wenden sich zum Gehen, halten jedoch inne, als von einer Mundharmonika eine klagende Melodie zu hören ist.
Wie kommt es zu dieser Assoziation ?
Im September 2020 stellte der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn fest: „Wir senden damit das klare Signal: Deutschlands Krankenhäuser sollen stark bleiben! Wir investieren in ihre digitale Zukunft – weil wir gerade in der Pandemie erfahren haben, wie wichtig gut ausgerüstete und funktionierende Krankenhäuser sind. Und wir spannen unseren Schutzschirm für die Kliniken weiter auf – weil wir wissen, dass einige Krankenhäuser immer noch unter den finanziellen Folgen der Pandemie leiden. So verbessern wir die Versorgung der Patienten und sorgen für mehr Sicherheit.“ Es wurden seitens des Bundes (EU) Fördermittel in Höhe von 3 Milliarden Euro, seitens der Länder weitere 1,4 Milliarden, für moderne und digitale Krankenhäuser bereit gestellt.
Im Dezember 2020 wurde die erste Förderrichtlinie fürs Krankenhauszukunftsgesetz veröffentlicht. Anfang 2021 konnten die IT-Dienstleister über das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ihr Zertifikat erlangen. Die Anträge für die Förderung wurden durch die Häuser oder die beauftragten Dienstleister dann teilweise schnell oder auch intensiv erarbeitet und eingereicht.
Ende 2021 mussten sich alle Krankenhäuser am Digitalradar beteiligen. Seitdem steht fest, dass der Durchschnitt der Krankenhäuser mit 33% Zielerreichung des digitalen Reifegrades noch ein ganzes Stück auf dem Weg zum 100 % digitalen Krankenhaus zurücklegen muss.
Die Bestätigungen der Anträge über die verschiedenen Wege der Bundesländer an den Bund und zurück dauert mal wenige Monate, aber auch mal Jahre bis teilweise ins Jahr 2024. Dabei begleitete alle Häuser die Frage des Risikos, vor dem Förderbescheid mit den Umsetzungen anzufangen. Auf eigenes Risiko ging immer.
Durch die Förderungen waren alle Häuser zur Ausschreibung gezwungen bzw. mussten sich mit dem Thema auseinandersetzen. Eine Ausschreibung bedeute im Groben immer:
- Auftragsschätzung / Umsetzungsidee
- Leistungsverzeichnis bzw. Vertragsmuster
- Vergabeart bzw. Vergabeform
- Fristen und Verhandlungen
- Vergabe und Vergabeakte
Nach der Vergabe war die Lieferung von Software, Dienstleistung und Hardware einerseits durch die begrenzten Ressourcen oder die Nachwirkungen von und mit Corona geprägt.
Auch das Bürokratiemonster wollte gefüttert werden: so wurde jährlich Februar ein Zwischenstandsbericht benötigt. Der eine oder andere hat es auch schon bis zum Mittelverwendungsnachweis und damit zum Abschluss des geförderten Vorhabens geschafft.
Mitte 2024 wurde dann die zweite Runde des Digitalradar gestartet, das Ergebnis steht Ende 2024 noch aus. Sicherlich sind wir der 100 % Marke ein deutliches Stück nähergekommen, haben aber immer noch etwas Luft dahin.
Der „Zwischenstatus“ Ende 2024 zeigt, dass viele Häuser noch in der Vergabe bzw. Umsetzung sind. Die Bundesländer haben auf die Verzögerungen reagiert und haben entweder den Förderzeitraum verlängert oder begnügen sich mit der Beauftragung der geplanten Vorhaben bis Ende 2024.
Die wirklichen Effekte aus den Umsetzungen werden allerdings erst ein oder zwei Jahre nach Prozessanpassung wirken. Zahlreiche Organisationen haben die Transformation noch vor sich. Die Finanzielle Situation in den Häusern hat sich allerdings nicht gebessert.
Die Förderrichtlinie hatte das Zieldatum 31.12.2024. Auf operativer Ebene wurde der Zeitraum implizit oder explizit über diesen Termin hinaus verlängert. Auch die ursprünglich ab 2025 vorgesehene Sanktionierung der nicht erledigten MUSS-Kriterien der Förderrichtlinie wurde bereits nach 2027 verschoben. Dann wird allerdings auch die Nutzung der mit den KHZG-Mitteln geschaffenen neuen Möglichkeiten für die Sanktionierung heran gezogen. Ein nicht genutztes oder nicht nutzbares Patientenportal kann beispielsweise nicht vor den entsprechenden Kürzungen der Entgelte schützen.
Das Ende ist nah!?
Auch wenn das KHZG mit seinen Bestimmungen langsam seinem Ende entgegen siecht, die Digitalisierung der Krankenhäuser muss und wird weiter gehen. Aber zu den Vorschriften des KHZG kamen zwischenzeitlich noch einige weitere „Hürden“ in Spiel: das KHVVG als neueste Entwicklung, aber auch steigende Anforderungen an die IT-Sicherheit durch NIS 2 – um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
So wirkt die aktuelle Situation doch eher, wie ein Indiana Jones Film: wir starten in ein „neues“ Abenteuer. Zu Beginn standen die meisten Häuser vor der Elektronifizierung (Papier in den Rechner zu bekommen). Jetzt sind die meisten elektronifiziert, nun geht es in die Digitalisierung und damit die kontinuierliche Unendlichkeit der Optimierung.
Autor: Lars Forchheim, stv. Vorsitzender des KH-IT
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