Interview mit Bernhard Calmer, CGM Clinical Europe GmbH

„Wegbereiter für das Gesundheitswesen von morgen“

Veröffentlicht 01.02.2024 18:00, Kim Wehrs

Was charakterisiert grundsätzlich Ihre Softwarelösung für Patientenportale? Gibt es besondere Schwerpunkte oder auch Alleinstellungsmerkmale bei den Produkten?

Bereits 2016 – also weit vor dem KHZG – hat m.Doc begonnen, sich methodisch mit der patientenzentrierten Kommunikation zu beschäftigen. Auch bei CGM haben wir mit CLICKDOC frühzeitig angefangen, die Kommunikation der Bernhard Calmer, Geschäftsführer, CGM Clinical Europe GmbH & m.Doc GmbH Patienten mit ihren Gesundheitsversorgern zu digitalisieren. Diese Erfahrungen verschmelzen nun in einer gemeinsamen Portallösung. Als CGM sind wir in der Lage, das Patientenportal nicht nur auf die stationäre, sondern auch auf die ambulante Versorgung und die Rehabilitation zu erweitern – die Patient Journey wird so vollumfänglich unterstützt. Wir haben funktionierende Schnittstellen zu den meisten KIS-Systemen. Damit sind wir in der Lage, auch in einem Klinikverbund mit verschiedenen KIS-Systemen die Patient Journey nahtlos umzusetzen. Mit den CGM-Systemen besteht eine tiefe und weitgehend nahtlose Integration. Wir zentralisieren also die Kommunikation und den Informationsaustausch zwischen medizinischen Fachkräften, Kostenträgern und Patienten auf einer digitalen Plattform, die nahtlos in CGM- und Nicht-CGM-Systeme der medizinischen Grundversorgung integriert ist.

Die Strategie der Krankenhäuser wird – auch wenn das KHZG grundsätzliche Vorgaben macht - individuell an den jeweiligen Zielen ausgerichtet sein müssen. Wie lässt sich das mit Ihrer Lösung umsetzen?

Selbstverständlich unterstützen wir die Krankenhäuser intensiv dabei, mit uns gemeinsam den richtigen Weg für sie zu finden. Die individuelle Ausrichtung der Krankenhausstrategie an den jeweiligen Zielen ist entscheidend, da jedes Krankenhaus unterschiedliche Bedürfnisse, Ressourcen und Herausforderungen hat. Auch die Versorgungsart spielt hierbei eine entscheidende  Rolle. Maximalversorger haben mitunter andere Bedürfnisse als Spezial- oder Rehakliniken. Neben den vom KHZG geforderten Kriterien bieten wir zusätzliche Möglichkeiten, Funktionen und Design individuell an die Ziele und den Bedarf der Krankenhäuser anzupassen. Konkret lassen sich mit unserem Patientenportal eine Mehrsprachfähigkeit, die digitale Signatur, ein Familienkonto, der DICOM-Viewer (VISUS), die Anbindung weiterer Medieninhalte, ein E-Check-In @home, die Anzeige und Eingabe von Vitaldaten, eine Erweiterung der Buchungskonfiguration sowie die Möglichkeit, Kliniken über CLICKDOC.de buchbar zu schalten, abbilden.

Patientenportale beziehen zum ersten Mal aktiv Bürgerinnen und Bürger in die Digitale Transformation des Krankenhauses ein. Welche besonderen Herausforderungen entstehen dadurch in der Etablierung der Patientenportale aus Ihrer Perspektive?

Anders als bei der bisherigen Digitalisierung im Krankenhaus werden die analogen Prozesse nicht durch einen digitalen Prozess abgelöst, sondern ergänzt. Für den einen Patienten gilt also der analoge Weg, er kommt mit seinen Unterlagen in die Aufnahme des Krankenhauses und wird dort aufgenommen. Gleichzeitig gilt für einen anderen Patienten der digitale Weg, d. h. er hat sich selbst bereits digital aufgenommen… Das Personal ist also gefordert, beide Prozesse zu “handeln“. Zudem muss die Klinik die Prozesse noch mehr aus dem Blickwinkel des Patienten betrachten. Denn in der Patient Journey spielen mitunter andere Aspekte eine Rolle als bei der rein internen funktionalen Sicht auf die Krankenhausabläufe. Beide Perspektiven müssen in der technischen Lösung Berücksichtigung finden. Die verstärkte Patientenzentrierung beinhaltet auch, dass ein Teil der Datenhoheit an die Patienten übergeht – ein echter Paradigmenwechsel. Die Einführung eines Patientenportals ist also nicht in erster Linie ein IT-Projekt, sondern es geht vielmehr um eine Transformation der Prozesslandschaft, die besondere Begleitung und Aufmerksamkeit erfordert.

Patientenportale werden heute meist für die Institution „Krankenhaus" oder „Krankenhaus-Verbund" gedacht. Wie geht es dann weiter? Was ist Ihre Vision für die Patientenportale nach 2024+x?

Wie in Frage 1 ausgeführt, denken wir konsequent die Vernetzung des gesamten Gesundheitswesens: ambulant, stationär bis zur Rehabilitation. Wir unterstützen Fachkräfte im Gesundheitswesen dabei, sich auf das zu konzentrieren, was sie am besten können - die Betreuung von Menschen. Wir stellen ihnen die richtigen digitalen Tools zur Verfügung, um mit Patienten und Ärzten zu interagieren, die Produktivität zu steigern und Bürokratie abzubauen. Wir befähigen Patienten entlang der gesamten Behandlungskette – von der Prävention bis zur Genesung – auf vertrauenswürdige, sichere und einfache Weise auf Gesundheitsdienstleister und Gesundheitsdaten zuzugreifen. Unsere Vision lässt sich perfekt mit folgendem Leitgedanken unseres Unternehmensgründers Frank Gotthardt zusammenfassen: „Niemand soll leiden oder sterben, nur weil einmal irgendwann, irgendwo eine medizinische Information fehlt.”

In den Kliniken herrscht teilweise die Sorge, nach der KHZG-Förderung auf den Folgekosten der Lösung „sitzen zu bleiben". Wo sehen Sie eine „Digitalisierungsdividende" aus der Investitionsförderung, die Patientenportale womöglich zu dauerhaften Service-, Qualitäts- und Effizienzboostern macht?

Die Sorge um die Folgekosten ist verständlich, jedoch gibt es aus unserer Sicht Vorteile und "Digitalisierungsdividenden", die aus der Investition resultieren könnten: 

Verbesserte Patientenversorgung: Patientenportale ermöglichen eine bessere Kommunikation zwischen Patienten und Gesundheitsdienstleistern. Dadurch können Gesundheitsinformationen leichter geteilt und wichtige Gesundheitsdaten besser erfasst werden, was zu einer verbesserten Versorgung und effizienterem Gesundheitsmanagement führen kann.

Effizienzsteigerung: Digitale Patientenportale können die Verwaltungsaufgaben reduzieren, da Patienten in der Lage sind, ihre Termine selbst zu vereinbaren, Befunde online abzurufen und Rezepte elektronisch anzufordern. Dies verringert die Arbeitsbelastung des medizinischen Personals und steigert die Effizienz in den Kliniken.

Qualitätsverbesserung: Durch den Zugang zu digitalen Gesundheitsdaten und Informationen können fundiertere und schnellere Entscheidungen getroffen werden - so entstehen bessere Behandlungspläne. Dies kann die Qualität der Versorgung erhöhen und Patienten besser informieren, was zu einer höheren Nachfrage führen kann.

Reduzierung von Fehlern: Die Digitalisierung kann dazu beitragen, Fehler in der Patientenversorgung zu minimieren, indem Patientenakten genutzt werden, um genaue und konsistente Informationen bereitzustellen.

Kosteneinsparungen: Obwohl die Einführung digitaler Lösungen mit Kosten verbunden ist, könnten langfristig Kosteneinsparungen erzielt werden, da papierbasierte Prozesse reduziert werden und die Verwaltung schlanker und effizienter wird.



Bernhard Calmer, 1963 geboren in Osnabrück, studierte Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen an der Fachhochschule Osnabrück. Nach Stationen bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treyde & Stephan in Hamburg und als Assistent des Managements im Krankenhaus „Deutsches Rotes Kreuz- und Freimaurer Hospital“ in Hamburg-Rissen, wechselte er 1994 zur Dataplan Software GmbH. Im Zuge der Umwandlung der SMS Dataplan GmbH & Co. KG zur Siemens AG Medical Solutions, übernahm Herr Calmer im Jahr 2000 die Aufgabe der Vertriebsleitung Region Süd, bis ihm 2002 die Leitung der Geschäftsentwicklung Deutschland übertragen wurde.

Von Mai 2004 bis September 2008 war Herr Calmer für das Business Management Healthcare Information Systeme Deutschland verantwortlich. Im Oktober 2008 wurde ihm die Leitung IT Vertrieb Healthcare Deutschland übertragen, im Dezember 2012 die Leitung Business Development.

Auch nach der Übernahme der Siemens Healthcare IT-Aktivitäten durch die Cerner Corp. war er für das Business Development in Deutschland sowie die Verbands- und politische Arbeit verantwortlich. Zwischenzeitlich erweiterte sich sein Verantwortungsbereich auf Europa und Lateinamerika. Mit dem Verkauf von Teilen des Deutschland- und Spaniengeschäftes von Cerner an die CompuGroup Medical wurde er zu einem der Geschäftsführer der neugegründeten CGM Clinical Europe GmbH ernannt. Seit April 2022 verantwortet er als Area Vice President zudem das Business Development des CGM HIS-Segments. Darüber hinaus ist Herr Calmer seit der Akquise im Frühjahr 2023 durch die CGM als Geschäftsführer der m.Doc GmbH tätig.

Bernhard Calmer war von Februar 2008 Mitglied des Vorstands des Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) und von September 2011 bis September 2014 dessen Vorsitzender. Seit Oktober 2020 ist er erneut in den Vorstand des bvitg gewählt worden.



Quelle: Digitalspecial Patientenportale 2024


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