Der Austausch von Talenten, Technologie und Handel ist Ziel dieser Veranstaltungsreihe: Mitte Juni kam die Taiwan Expo in Europa nach Berlin. Seit Jahrzehnten bekannt als Technologieführer, zeigten die innovativen Asiaten ein breites Spektrum an brandaktuellen Lösungen für zahlreiche Sektoren. Ein besonderes Augenmerk lag auf attraktiven Produkten für das Gesundheitswesen. Von Michael Reiter.
Halbleiter läuten eine neue Ära der industriellen Innovation ein – ähnlich der Renaissance, so taiwanesische Sprecher bei der Eröffnung. Eine Kultur der Zusammenarbeit spiele eine zentrale Rolle auf dem Weg in eine bessere, demokratische, digital gestützte Zukunft unseres Planeten. Taiwan betrachtet Partnerschaften mit internationalen Großunternehmen bei Halbleiter-Modellen auch als Absicherung gegen Bedrohungen von außen. Dass diese Kooperation weit über kommerzielle Aktivitäten hinausgehen können, unterstrichen die Veranstalter mit einer Kunstausstellung und einem softwarebasierten Ansatz zum Umgang mit Kunst. Eine virtuose Aufführung junger Musiker aus einem Bergdorf der Insel machte aus der Eröffnung einen bleibenden Eindruck.
Demokratie und Innovation für eine bessere Zukunft
Als Location hatten die Veranstalter die Hauptstadtrepräsentanz der Telekom gewählt – optimal mit ihrer großzügigen lichtstarken Lobby für Vorträge, dem anschließenden Saal für Pavillons zu den Lösungen für ausgewählte Anwendungsgebieten und mit Räumen für Break-out-Sessions. Und warum fiel die Wahl auf Berlin? Deutschland ist zum einen der wichtigste Akteur für Taiwan in der EU – dem viertgrößten Handelspartner Taiwans. Die Zusammenarbeit führt aktuell auch zu Großprojekten wie Halbleiter-Fabs in Deutschland, betonte James C. F. Huang. Und zum anderen fungiert unsere Hauptstadt auf dem Kontinent als Hub für Kreativität und Innovation. Nicht zuletzt steht Berlin wie kaum eine andere Stadt aus historischer Sicht für Freiheit und Demokratie, fuhr der Chairman der Handelsorganisation TAITRA fort. Neben dem Handel liege ein Schwerpunkt auch auf Synergien in der produzierenden Industrie. Im Rahmen von Informations- und Kommunikationsindustrien (IKT) und künstlicher Intelligenz (KI) hat Smart Health laut Huang einen hohen Stellenwert und bietet vielversprechende Perspektiven.
Das Renommee von Deutschland im Bereich smarter Medizintechnik sei enorm, unterstrich Dr. Roy Chun Lee. Auch Taiwan sei in diesem Bereich sehr aktiv, kommentierte der Repräsentant der Insel in der EU. Dieser Wirtschaftssektor erfordere langfristige Kooperationen für Vertrauen und Verlässlichkeit. Taiwan sei neben der Entwicklung und Herstellung von Produkten auch mit Investitionen in Krankenhäusern sowie mit Studien und Schulungen im asiatischen Raum engagiert. Dies biete
Exportchancen für deutsche Unternehmen.
Höhepunkte der Healthcare-Ausstellung QT Medical hatte ein portables EKGGerät nach Berlin mitgebracht. Das PCA 500 ist ortsunabhängig und lässt sich beispielsweise bequem zuhause nutzen, erklärte Renee Tseng. Die Werte lassen sich von dem nur 67 Gramm leichten Messgerät an den Leistungserbringer übertragen. Auch in Notfallsituationen leistet das System wertvolle Dienste, so Tseng. Von Teilnehmern der Expo kam positives Feedback.
Nur 300 Gramm wiegt das portable Ultraschallgerät von Leltek. Das Gerät verbindet sich über Smartphone mit Systemen der Leistungserbringer, beschrieb Michael Liu. Gegenwärtig nutzen es Radiologen, aber auch Ärzte aus anderen Disziplinen. Das preisgünstige LU 700 erhielt 2021 CE und Zulassung laut MDR; die Zulassung der LU-128-Serie wird nächstes Jahr erwartet, erklärte Liu. Medizinische Ausbilder des Deutschen Roten Kreuzes wiesen darauf hin, dass es bislang keine Produkte wie das drahtlosem Hand-Ultraschallgerät für den Einsatz an der Front gebe, und sprachen über die Anschaffung zu Ausbildungszwecken.
H.P.B Optoelectronics bietet ein Notfallsystem für ältere Menschen an, die zuhause leben. Seine unaufdringliche Kamera arbeitet zum Schutz der Privatsphäre nur mit menschlichen Silhouetten, so Shine Hsu. Das System E-zcaring P1 alarmiert bei der KI-basierten Detektion etwa von Stürzen Angehörige. Die Produktverfügbarkeit wird in Europa Ende des Jahres erwartet.
Das System von Far East Medical Electronics Technology (FEMET) ermöglicht Notfallmedizin online. Es arbeitet mit 5G und erdnahen Satelliten. Der Anwendungsschwerpunkt liegt auf dem Schiffsverkehr, mit der Online-Anbindung von Leistungserbringungspartnern. Auch diese Lösung kam in Berlin gut an, resümierte Nemo Teng.
Sechs KI-basierte Lösungen präsentierte Yun-Ching Fu vom Taichung Veterans General Hospital: Osteoporose, Intensivmedizin, Brustschmerz, Metastasenerkennung, Nieren-Ultraschall und E-Paper. Während die Anwendungen in Taiwan bereits zugelassen sind, wird eine Zulassung in Europa innerhalb der nächsten zwei Jahre angestrebt.
Bei Advantech standen Medical-PCs und Visitenwagen im Mittelpunkt. In Europa, erläuterte Holger Sponholz, sei das Unternehmen mit einer Produktion im niederländischen Eindhoven aktiv, in Polen mit einem Reparaturzentrum. Sponholz berichtete von guten Gesprächen mit Distributoren aus verschiedenen EU-Ländern.
V5med bietet KI für das Screening zur Detektion von Läsionen in der Lunge. Das System kann bösartige Tumore in Niedrigdosis-CT-Scans der Lunge von Patienten präzise erkennen, sagte James Lee. Die Software stieß bei europäischen Gesundheitseinrichtungen und Unternehmen auf großes Interesse, und laut V5med besteht ein immenses Potenzial für eine Zusammenarbeit in europäischen Ländern. Deutschland stehe für das Unternehmen in Europa an erster Stelle. Gesucht wird ein Krankenhaus als Pilotpartner.
Starkes Interesse an der Expo
Die Europäische Union zeigte großes Interesse an der Taiwan Expo, und die European Cluster Collaboration Platform (ECCP) organisierte eine Delegation von 17 Vertretern aus sechs Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Ungarn, Bulgarien, Rumänien) und sieben Industrieclustern. Die Delegation, die Bereiche wie Elektronik, Halbleiter, intelligente Städte, intelligente Fertigung und intelligente Gesundheitsfürsorge abdeckte, nahm am ersten Tag am „EU-Taiwan Business Cooperations Seminar“ teil, das viele Käufer anzog.
Die Insel als Enabler künstlicher Intelligenz
Taiwan ist dank seiner Spitzenstellung in der Halbleiter-Industrie der Möglichmacher für den Megatrend KI, sagte in Berlin Cynthia Kiang. Sie ist Generaldirektorin von TITA, dem Handelsbüro des taiwanesischen Wirtschaftsministeriums. Auch sie machte deutlich: Die Insel bietet technologische und fachliche Kompetenz, den Willen zur Zusammenarbeit und Verlässlichkeit. Taiwan streckt die Hand aus für eine Zusammenarbeit in einer demokratischen Zukunft.
Ergreifen wir sie!
Quelle: Krankenhaus-IT Journal, Ausgabe 03/2024 / Stand: Juni 2024