Das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz - KHVVG) bringt wesentliche Änderungen mit sich, die große Auswirkungen auf die IT-Umgebung der Krankenhäuser haben. Als Vorstand des Bundesverbandes der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter möchten wir auf die damit verbundenen Herausforderungen hinweisen und kritisch Stellung beziehen.
1. Dokumentationspflichten und Übergangspflege (§ 39e SGB V)
Das Gesetz fordert die präzise Dokumentation der Übergangspflege, einschließlich Leistungen, Arzneimittelversorgung und Entlassmanagement.
Um nahtlose Übergabeprozesse zwischen stationären und ambulanten Versorgungsstufen zu ermöglichen, müssen IT-Systeme erweitert werden. Die Krankenhausinformationssysteme (KIS) benötigen Anpassungen zur Unterstützung der Übergangspflege.
Die Anforderungen an die präzise Dokumentation sind zwar sinnvoll, um die Patientenversorgung zu verbessern, jedoch fehlt eine klare Vorgabe zur Finanzierung der daraus erwachsenden IT-Anpassungen.
2. Qualitätskriterien und Mindestanforderungen (§§ 135d-f SGB V)
Die Einführung verbindlicher Qualitätskriterien und die Berücksichtigung von Leistungsgruppen erfordern leistungsfähiges Datenmanagement, basierend auf IT-Systemen welche in der Lage sind, die dazu erforderliche Daten strukturiert zu erfassen, zu analysieren und an externe Prüfinstanzen wie den Medizinischen Dienst weiterzuleiten.
Die Umsetzung dieser Regelung erhöht den Druck auf die IT-Umgebung erheblich. Krankenhäuser ohne ausreichende IT-Ressourcen werden Schwierigkeiten haben, die Anforderungen fristgerecht zu erfüllen.
3. Sektorenübergreifende Versorgung (§ 115g SGB V)
Die Interoperabilität zwischen ambulanten und stationären Systemen wird unabdingbar. Dazu gehören effiziente Schnittstellen zwischen Krankenhausinformationssystemen (KIS) und den Systemen der niedergelassenen Ärzte. Darüber hinaus muss die IT telemedizinische Anwendungen und digitale Plattformen unterstützen.
Die sektorenübergreifende Versorgung ist grundsätzlich zukunftsweisend. Die Umsetzung scheitert jedoch häufig an fehlender technischer Kompatibilität an den Sektorengrenzen und aufgrund unzureichender finanzieller Anreize.
Telemedizinische Lösungen benötigen zudem stabile Netzwerke und Sicherheitskonzepte. Gerade kleinere Einrichtungen können damit überfordert sein.
4. Mindestvorhaltezahlen und Datenauswertungen (§ 135f SGB V)
Krankenhäuser müssen über den bisherigen Umfang hinaus detaillierte Leistungsdaten erfassen und regelmäßig an zentrale Stellen übermitteln. Dies erfordert zusätzliche Analyse- und Reportingwerkzeuge, die wiederum Investitionen in Business Intelligence Systeme und Datenbanken voraussetzen.
Diese Anforderungen erhöhen zwar die Transparenz und Evidenz, führen aber zu einer erheblichen Mehrbelastung der Krankenhäuser und IT-Abteilungen. Zudem sind die Fristen für die Datenübermittlung sehr kurz, was die Automatisierung der Prozesse erfordert - ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Risikofaktor.
5. Personaldatenmanagement (§ 137m-n SGB V)
Krankenhäuser müssen den Bedarf an ärztlichem Personal detailliert dokumentieren und nachweisen, digitale Systeme zur Personaleinsatzplanung und -dokumentation werden damit zunehmend wichtiger.
Diese Anforderungen sind im Kern sinnvoll, um die Personaldecke realistisch zu bewerten. Doch fehlt es häufig an einer geeigneten IT-Umgebung, insbesondere in kleineren Krankenhäusern. Der administrative Aufwand für IT und Personalmanagement steigt, ohne dass explizite Finanzierungen vorgesehen sind.
6. Datenschutz und IT-Sicherheit
Die Erhebung und Übermittlung zusätzlicher sensibler Daten erhöht das bereits vorhandene Risiko für Verletzungen von Datenschutz und IT-Sicherheit. In der Folge steigen auch die Aufwände für den sicheren Betrieb.
Die Notwendigkeit, IT-Sicherheit zu gewährleisten, ist unbestritten. Dennoch fehlen im Gesetz klare finanzielle Unterstützungsmechanismen, um diese erweiterten und komplexen Anforderungen umzusetzen. Besonders für kleine und mittelgroße Häuser sind die laufenden Kosten für IT-Sicherheitslösungen eine immense Belastung.
Zusammenfassende Kritik und Forderungen
Das KHVVG setzt sinnvolle Impulse zur Verbesserung der Versorgung, birgt aber aus Sicht des Bundesverbandes der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter (KH-IT) erhebliche Herausforderungen.
Die Vorgaben für Datenformate und Schnittstellen sind teilweise noch in der Entwicklung, dies erschwert die Umsetzung und den notwendigen Datenaustausch erheblich. Generell sind die Digitalisierungsvoraussetzungen immer noch unzureichend erfüllt.
Viele Regelungen enthalten unrealistisch kurze Umsetzungsfristen, was zu Lasten der Qualität in der Umsetzung geht. Insbesondere kleinere Krankenhäuser werden dadurch benachteiligt, da sie kurzfristige Aktionen zur Nachbesserung kaum durchführen können.
Mit Verabschiedung des KHVVG werden deutlich mehr Daten über Prozesse und Patienten gesammelt und an zentrale Stellen geleitet. Daraus resultieren höhere Anforderungen an die Dokumentation und Kommunikation der gewonnenen Daten. Die Umsetzung dieser Anforderungen bedeutet erhebliche Aufwände vor allem in der Prozess-Automatisierung und für die IT-Systeme. Finanzielle Mittel werden für diese absehbaren Aufwände nicht bereitgestellt.
Das KHVVG stellt die Krankenhaus-IT somit vor gewaltige Aufgaben. Aber ohne Unterstützung drohen die Reformen an den fehlenden Digitalisierungsvoraussetzungen vieler Krankenhäuser zu scheitern. Die frühzeitige Einbindung der IT-Verantwortlichen in die Gestaltung und Umsetzung solcher Gesetze ist unabdingbar, um praktikable und nachhaltige Lösungen zu gewährleisten.
Quelle: KH-IT