Die „ePA für Alle“ wartet auf den Startschuss!

Veröffentlicht 04.10.2024 10:10, Kim Wehrs

Seit dem 1. Januar 2021 haben alle gesetzlich Versicherten auf freiwilliger Basis Anspruch auf die Bereitstellung einer elektronischen Patientenakte (ePA) durch ihre Krankenkasse. Auf diese können sie mit einem Smartphone oder Tablet und ab dem 1. Januar 2022 auch mit einem Desktop-PC in Verbindung mit einem Kartenlesegerät zugreifen. Ab dem 15. Januar 2025 soll die Akte automatisch für alle bereitgestellt werden („ePA für alle“), sofern der Einzelne nicht widerspricht (Opt-Out-Regelung).

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Die Autoren Dr. Aykut M. Uslu, USLU MEDIZININFORMATIK, und Dr. med. Stephan H. Schug, IQmed, berichten über aktuelle Entwicklungen von und um ePA für Alle.


Vorgeschichte

Eigentlich sollte die elektronische Patientenakte (ePA) - als integraler Bestandteil der vor 20 Jahren geplanten elektronischen Gesundheitskarte (eGK) – bereits ab Januar 2006 flächendeckend in Deutschland eingeführt werden, um Koordination und Effizienz im deutschen Gesundheitswesen. Zudem soll sie eine optimierte, personalisierte und präventive Gesundheitsversorgung ermöglichen. Die eGK hat seit 2015 flächendeckend die Krankenversichertenkarten abgelöst, das Vorhaben mit der ePA stockt jedoch noch bis heute. Folgerichtig ist auch der erwartete Hauptnutzen, medizinische Versorgung und deren Wirtschaftlichkeit zu verbessern sowie den wissenschaftlichen Fortschritt sicherzustellen, bis heute noch nicht eingetreten. Dies kann sich durch viel intensivere Nutzung, ermöglicht durch eine neue rechtliche und technische Plattform ab dem 15. Januar 2025 maßgeblich ändern. Dabei sollten dann auch die Einrichtung auf den Smartphones der Versicherten und der Zugang zu den ePAs, alles derzeit noch relativ knifflig, einfacher zu handhaben sein. 


Abb1_EPA
Abbildung 1

Von der ePA für fast niemand zur „ePA für Alle“ 

Die tatsächliche Verwendung der bisherigen ePA durch die Versicherten und ihre Behandler im deutschen Gesundheitswesen ist jedoch so gering, dass die kritische Masse zur Realisierung der Nutzenpotenziale bislang nicht erreicht werden konnte. Die fehlende Akzeptanz bei den Leistungserbringer:innen und die fehlende Nutzung durch die Versicherten scheinen sich dabei wechselseitig zu potenzieren: Für eine seltene ePA-Nutzung ist der Aufwand in den Praxen zur Befüllung und auch zur Kenntnisnahme überproportional hoch. Eine nur mühsam und selten gefüllte ePA ist wenig motivierend. Folgerichtig steht für das kommende Jahr eine neue ePA-Architektur (Spezifikation 3. Generation) in den Startlöchern (Abb. 1 und 2). Diese eignet sich besser für eine (semi)automatische Befüllung und wird daher vom Start weg versichertenbezogene Daten enthalten, zumindest für Patient:innen, die verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen.


Abb2_EPA
Abbildung 2

Vorteile der ePA auf einen Blick

Folgende Funktionalitäten, Eigenschaften bzw. Beschaffenheiten definieren die wesentlichen Vorteile der ePA:

  • Im Notfall sind alle wichtigen Informationen schnell verfügbar 
  • Die Nutzung von ePA ist überall möglich 
  • Die Gesundheitsdaten sind für den Patienten jederzeit einsehbar
  • Überblick über eigene Gesundheitsdaten jederzeit möglich
  • Der Austausch von medizinischen Dokumenten unter Gesundheitseinrichtungen 
  • Die lückenlose Dokumentation der Krankengeschichte jederzeit verfügbar
  • Vermeidung oder erhebliche Verringerung von unnötigen Doppeluntersuchungen

Risiken und Nebenwirkungen

Bedienbarkeit, Datenschutz und Sicherheit werden bei der ePA weiterhin kontrovers diskutiert:

  • So ist die ePA – insbesondere für wenig digitalaffine Nutzer und ältere Menschen schwer zu verstehen und zu bedienen
  • Trotz hohem, zertifizierten Sicherheitsniveau lässt sich Datenmissbrauch jeglicher Art, allen voran durch Cyberkriminalität, nicht vollständig ausschließen...
  • Für die Nutzer schwer zu durchschauende Unwägbarkeiten ergeben sich durch neue Trends in der Digitalisierung, allen voran den erwarteten flächendeckenden Einsatz von KI.

Akzeptanzsteigerung dringend erforderlich

Nachdem die Einführung des eRezepts mehr oder weniger geräuschlos über die Bühne gegangen ist und das Zusammenspiel zwischen den am Prozess beteiligten Akteuren gut funktioniert, könnte man meinen, die ePA hätte nun ein leichtes Spiel. Allerdings bedarf die notwendige Weiterentwicklung von einzelnen, überschaubaren digitalisierten Transaktionen (beim eRezept) zu einer umfassenden digitalen Dokumentation einer „ausdauernden“ Akzeptanz. Auch die runderneuerte ePA wird daher kein Selbstläufer sein. Möglicherweise können die folgenden Anregungen einen Beitrag zur Erhöhung der Akzeptanz leisten.

  • Intensivierte Durchführung der angekündigten Informationskampagnen zur ePA
  • Schaffung eines allgemein verständlichen Zugangs zur ePA
  • Intuitive Gestaltung der Benutzeroberfläche und Benutzerführung der ePA
  • Maßnahmen ergreifen, um Ängste und Befürchtungen hinsichtlich der Automatisierung abzubauen
  • Senkung der Anschaffungskosten für Mobiltelefone, Tablets etc.  (ggf. kostenlose oder subventionierte Bereitstellung für besondere Bevölkerungsgruppen) usw.
  • Prozessbeteiligten Akteuren nur sitzungsbezogenen Zugriff auf die ePA zu zulassen

Danach ist davon auszugehen, dass durch breit angelegte Kampagnen zur Darstellung der Vorteile des ePA eine möglichst hohe Akzeptanz bei den Nutzergruppen erreicht werden kann. Ob sie dann alle die ePA auch nutzen werden, ist schwer abzuschätzen. 

Geplante zusätzliche Funktionen für die ePA 

Der Funktionsumfang der ePA folgt dabei den gesetzlichen Vorgaben im SGB V, die ihrerseits kontinuierlich weiterentwickelt werden. Für die Zukunft sind noch einige neue Funktionen für die elektronische Patientenakte in Planung. Neben der Fortschreibung des digitalen Medikationsmanagements mit dem „ePA-Medikationsplan“ soll es beispielsweise auch möglich sein, dass Daten aus digitalen Gesundheits- und Pflegeanwendungen wie „Apps auf Rezept“ automatisiert in die elektronische Patientenakte übertragen werden. Zudem soll die ePA ab dem 15. Juli 2025 die Bereitstellung von Daten für Forschungszwecke (Sekundärdatennutzung, vgl. auch GNDG) ermöglichen.

Zeitplan der Einführung 

Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit werden am 15. Januar 2025 zunächst die Modellregionen Franken und Hamburg an den Start gehen. Der bundesweite Rollout ist für den 15. Februar 2025 geplant, sofern die vierwöchigen Tests reibungslos verlaufen.

 

Autoren:

Dr. Aykut M. Uslu, USLU MEDIZININFORMATIK
Dr. med. Stephan H. Schug, IQmed

Abb 1+2 Quellenhinweis: Elektronische Patientenakte: ePA für alle | BMG (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/epa-vorteile/


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