„KHZG-Konjunkturpaket als Paukenschlag für Anwender und Industrie“, so lautet die Titelstory des Krankenhaus-IT Journal für die Dezember-Ausgabe 2020. ( https://www.krankenhaus-it.de/modules/ ... er%20und%20industrie.html )
Ein Paukenschlag macht leider noch lange kein Lied, jedoch müssen wir Krankenhäuser regelmäßig musizieren, um in den Charts zu bleiben.
Aktuell spielt in der deutschen Krankenhauswelt beim Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) und dessen Regularien die Musik. Dieses Investitionsprogramm der Bundesregierung für die Krankenhäuser ist wichtig und richtig, nur in Gesamtbetrachtung nicht ausreichend, weil jedes Lied mehr als eine Note besitzt.
Die Investitionsmittel und dessen Verwendungszweck sind die eine Seite der Medaille, die andere Medaillenseite sind die regelmäßigen Betriebskosten und Personalkosten, welche sich aus den jeweiligen Investitionen ergeben. Gemäß aktueller KHZG-Regelung sind Betriebskosten und Personalkosten resultierend aus den Investitionen über das KHZG bis Ende 2023 geregelt. Hierbei unberücksichtigt sind die bestehenden Strukturen der Krankenhäuser und die allgemeine Situation im deutschen Krankenhauswesen.
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren zur Modernisierung der Krankenhäuser ist das Personal. Ohne das nötige Personal auf der Krankenhausseite wird es keine erfolgreichen Projekte im Rahmen des KHZG geben. Hier stellen sich in Anbetracht der aktuellen Situation nachfolgende Fragen. Welche Berufsgruppen im Krankenhaus sollen gerade jetzt in der Corona-Situation die aus dem KHZG resultierenden Projekte in den jeweiligen Häusern anwenderseitig begleiten? Oder bleiben die Anwender bei den Systemeinführungen und den zugrundliegenden Prozessänderungen außen vor? Hat die aktuelle Corona-Situation in den Krankenhäusern nicht bereits zum Stillstand einiger relevanter Projekte geführt, weil die Berufsgruppen um Medizin und Pflege am Patienten gebraucht werden?
Nötige Fachleute im Zuge des KHZG zu gewinnen und zu halten ist eine großartige Idee, nur ist heutzutage das Personal-Recruiting für das Krankenhausumfeld eine sehr große Herausforderung, weil im Krankenhausumfeld bisher keine marktübliche Vergütung z.B. für (IT-)Fachleute möglich ist. Andererseits viele potentielle Kandidaten aufgrund der aktuellen Corona-Situation keinen Arbeitsplatz in einem Krankenhaus wünschen, weil Zitat potentieller Kandidaten: „… die Angst zur Infektion besteht.“. Auch die fortlaufende Personalentwicklung ist in den Krankenhäusern eine Großbaustelle, die einerseits dadurch ein Negativaspekt im Personal-Recruiting darstellt und andererseits ein Bremsklotz zur Realisierung des Investitionsprogramms der Bundesregierung ist. Schön wäre es, wenn man das Investitionsprogramm auch zur fortlaufenden Personalentwicklung und marktüblichen Vergütung des bestehenden Personals verwenden könnte.
Mit zunehmender IT-Durchdringung in den Prozessen steigen die regelmäßigen Betriebskosten, z.B. durch Lizenzerweiterungen und Lizenzänderungen, IT-Wartungsaufwände, Service und Support, technische- und organisatorische IT-Sicherheit oder auch Anpassungen an bestehenden IT-Systemen. Diese Themen sind bisher leider nirgendwo im KHZG berücksichtigt worden, dennoch werden die im Rahmen des KHZG getätigten Investitionen spürbare finanzielle Auswirkungen auf die oben genannten Themen bzw. aktuell vorhandene Infrastruktur in den Krankenhäusern haben. Mit welchen bisher nicht vorhandenen finanziellen Mitteln diesen Betriebskostenanstieg in der bestehenden Infrastruktur meistern? Diese gleiche Herausforderung wird es stand heute auch ab Anfang 2024 geben, wenn die finanzielle Förderung zu den getätigten Investitionen im Rahmen des KHZG ausgelaufen ist.
Das aktuelle Investitionsprogramm der Bundesregierung für die Krankenhäuser ist ein One-Hit-Wonder. Was wir jedoch für die Krankenhäuser brauchen, das ist ein Dauerbrenner – kontinuierliche finanzielle Mittel über das KHZG-Konjunkturpaket hinaus, nur so bleiben die Krankenhäuser in den Charts.
Autor: Jens Schulze
Beisitzer im Vorstand des Bundesverbands der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter KH-IT e. V.
CIO am Universitätsklinikum Frankfurt