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KI wird den Wandel in der Radiologie forcieren
die sich mit den Chancen und Risiken der KI beschäftigten, Standen in den vergangenen Jahren vorrangig KI-Tools
darunter auch eine noch unveröffentlichte Umfrage der Society für die Bildanalyse und Bildverarbeitung im Fokus, hat dieser
of Chairs in Academic Radiology Departments (SCARD) aus sich 2023 in Richtung der Möglichkeiten von Large Language
dem Oktober 2022. Danach gaben 93 Prozent der Befragten an, Models (LLM) und generativer KI verschoben. Die Erwartun-
dass sie der KI im Allgemeinen optimistisch gegenüberstünden, gen richten sich beispielsweise auf die Rationalisierung von
bei generativer KI taten das 86 Prozent. Dabei seien den Teil- Arbeitsabläufen, etwa die automatische Erstellung von Befun-
nehmern besonders Qualität und Effizienz sehr oder äußerst den samt Einbindung KI-generierter Ergebnisse.
wichtig. Konkret zeigen großsprachige Modelle wie GPT eine
Skepsis erzeugt weiterhin die mangelnde Transparenz in der beeindruckende Genauigkeit bei der Extraktion von Schlüssel-
radiologischen Forschung, wie Dr. Eline Langius, Assistenzärz- parametern aus Freitext-Berichten zur Einstufung von Bauch-
tin in der Radiologie und Doktorandin am Isala Hospital im speicheldrüsenkrebs, um automatisch synoptische Berichte zu
niederländischen Zwolle, sagte: „Wir wissen in der Regel nicht erstellen und so die Effizienz der überweisenden Chirurgen zu
genau, wie der Algorithmus aussieht, ob die Version, die wir verbessern.
verwenden dürfen, dieselbe ist wie die, die in der letzten Studie Bei der Auswahl geeigneter bildgebender Untersuchungen
verwendet wurde, oder worauf genau die Algorithmen trainiert kann ChatGPT außerdem Empfehlungen aussprechen, die mit
wurden. Ein allgemeiner Mangel an Vertrauen in die KI ist ein denen des iGuide der European Society of Radiology (ESR)
großes Hindernis für ihre breite Anwendung in der Radiologie.“ vergleichbar sind. „Ich war überrascht, wie spezifisch das Tool
Ein Treiber von KI-Anwendungen ist auf der anderen Seite eine in vielen Fällen sein kann und wie hoch die Genauigkeit ist: 87
angemessene Kostenerstattung durch die Versicherer. Prozent der Fälle wurden korrekt eingestuft“, so Shani Rosen,
Leiter des DataMED-Labors an der Fakultät für Krankenpflege
Der Fokus verschiebt sich der Universität Tel Aviv. „Das ist unglaublich für ein Spracht-
Wurden 2022 immer wieder Befürchtungen laut, KI werde ool, das nicht einmal speziell für medizinische Aufgaben ent-
den Radiologen ersetzen, galt die Technologie im vergangenen wickelt wurde.“
Jahr eher als Problemlöser, namentlich zur Kompensation des Bevor ChatGPT allerdings fit für den klinischen Einsatz
Personalmangels und zur Prävention von Burn-out bei Radiolo- ist, gilt es, einige klinische, ethische und regulatorische Fragen
gen. Lösungen, die den Zugang zur Versorgung erleichtern, die zu klären. Aber es hat auf jeden Fall das Potenzial, Radiologen
Arbeitsbelastungen reduzieren oder die Arbeit weniger stressig massiv und effektiv in ihrer Arbeit zu unterstützen.
machen, scheinen gute Chancen auf eine weite Verbreitung zu Aber nicht nur Mediziner können von (generativer) KI
haben. Schaut man sich die Zahl der Aussteller in Chicago an, profitieren, sondern auch Patienten und Zuweiser. Beide
die mit KI-Lösungen auftraten, so ist sie ungebrochen hoch – haben aufgrund der zunehmend komplexer werdenden Bildge-
und es kommen Jahr für Jahr neue hinzu. Die prognostizierte bung und den daraus resultierenden umfangreichen Befunden
Konsolidierung des Marktes lässt weiter auf sich warten. zunehmend Schwierigkeiten, diese zu verstehen. LLM können
Das Kongressmotto im vergangenen Jahr lautete „Leading laut einer Studie von Dr. Ghulam Rasool und dem leitenden
through Change“. Veränderung bedeutet im Allgemeinen, Radiologen Les Folio vom Moffitt Cancer Center in Tampa die
Dinge anders und besser zu machen, Arbeitsabläufe zu beschleu- Lesbarkeit und Verständlichkeit von Radiologiebefunden ver-
nigen und die Effizienz zu steigern. Das Problem ist nur, dass bessern, indem sie den medizinischen Fachjargon vereinfachen
noch kein KI-Anbieter ein breiteres Spektrum an Anwendun- und unnötige Wörter eliminieren. So hat GPT zum Beispiel
gen anbietet. Die Anwendungen beschränken sich auf einzelne, einen Textblock mit 37 Wörtern und starkem medizinischem
teils sehr spezifische Fragestellungen. Möchte eine Einrichtung Fachjargon auf zwei kurze, leicht verständliche Sätze reduziert.
also unterschiedliche Algorithmen nutzen, kann sie diese zu
erheblichen Kosten kaufen respektive nutzen und in die eigene Seien wir gespannt, welche Neuerungen der RSNA vom 1. bis 5.
Infrastruktur integrieren. Oder sie kann sich einer Plattform Dezember 2024 bringt.
bedienen, die in der Regel nach dem Pay-per-Use-Modell vergü-
tet wird. Allerdings ist nicht sicher, ob alle gewünschten Algo- Ralf Buchholz, Hamburg
rithmen auch auf einer Plattform verfügbar sind. Eine weitere
Alternative wären die etablierten IT-Anbieter in der Radiologie,
die auch zunehmend KI-Lösungen in ihre Systeme integrieren.
Krankenhaus-IT Journal 1 /2024
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