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Technik des Maschinellen Lernens
                  ange eine Spielwiese akademischer Forschung, so rückt
               Lnun der Einsatz von Quantencomputing in den vielfäl-  Eine häufige angewandte Technik des Maschinellen Lernens
               tigsten Anwendungsfeldern immer näher. Der Grund ist die   in diesem Bereich ist der Einsatz von so genannten Convolu-
               stetige Zunahme an leistungsfähigeren Quantencomputern,   tional Neural Networks (CNNs), also speziellen künstlichen
               gerade in Bezug auf ihre Größe, aber auch im Hinblick auf ihre   Neuronalen Netzen. Im Bereich des Quantencomputing besa-
               Qualität. Erst kürzlich hat IBM einen Quantencomputer-Chip   gen theoretische Arbeiten, dass CNN-Algorithmen um einen
               mit 433 Qubits vorgestellt. Im vergangenen Jahr lag die Zahl   Quanten-Algorithmus erweitert zu einem dateneffizienteren
               noch bei 127 Qubits. Damit rückt die Lösung hochkomplexer   Training führen sollten. Diese Quanten-CNN versprechen
               Rechenaufgaben immer näher. Allerdings sind aktuelle Quan-  somit einen KI-Algorithmus zur Verfügung zu stellen, der auch
               tencomputer noch sehr anfällig für Rauschen und Störeffekte,   mit wenig verfügbaren Bilddaten ein zuverlässiges Klassifika-
               sodass die Berechnungsqualität noch nicht ausreicht, um sehr   tionsergebnis liefert. Hierbei wird der Quanten-Algorithmus-
               komplexe Probleme zu berechnen. Dennoch stellt sich jetzt   Teil mit Berechnungen auf klassischen Computern kombiniert.
               schon die Frage, in welchen Anwendungen Quantencomputing   Bedauerlicherweise ist jedoch diese Iteration zwischen den
               zielführend eingesetzt werden kann.              klassischen Computern und Quantencomputern aktuell noch
                  Quantencomputer arbeiten mit sogenannten Qubits, die   sehr langsam. Dennoch, perspektivisch hat dieser Ansatz das
               im Gegensatz zu Bits im klassischen Computing nicht nur   Potenzial, auch Situationen anzugehen, die aufgrund einer
               Werte von 0 und 1 einnehmen können, sondern stattdessen mit   Datenknappheit bislang kaum von klassischen KI-Algorithmen
               einer Überlagerung von beiden Werten gleichzeitig arbeiten.   gehandhabt werden konnten.
               Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, Zahlen auf einem Quan-
               tencomputer wesentlich kompakter als auf einem klassischen   Mit Quantencomputing menschliche
               Computer  darzustellen.  Zusätzlich  sorgen  quantenmechani-  Entscheidungen modellieren
               sche Effekte wie Verschränkung und Interferenzen dafür, dass   Ein komplett anderer Ansatz besteht darin, durch den Ein-
               Korrelationen in den Daten effizienter ausgenutzt werden kön-  satz von Quantencomputing menschliche Entscheidungen zu
               nen.  Somit  können  bestimmte  Rechenoperationen  und  Pro-  modellieren. Diese Technik kann beispielsweise zum Einsatz
               blemlösungen perspektivisch deutlich schneller durchgeführt   kommen, um einen Behandlungsplan für die Bestrahlung von
               werden.  Doch wie kann man sich diese Eigenschaften im medi-  Tumoren zur Mitte der wochenlangen Behandlung zu modi-
               zinischen Kontext zu Nutzen machen?              fizieren. Wie ein Patient auf die Bestrahlung reagieren wird,
                  Ein gutes Beispiel hierfür ist die medizinische Bildgebung,   hängt von vielen Faktoren ab, z.B. von der genetischen Dis-
               wo etwa auf CT-Bildern Tumore identifiziert werden sollen.   position neben klinischen Faktoren etc.. Somit treffen Ärzte
               Schon längere Zeit wird in diesem Bereich daran geforscht,   und Ärztinnen Entscheidungen unter Unsicherheiten, denn
               Methoden auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) einzusetzen.   meistens sind ihnen nicht alle Faktoren bekannt. in einer Studie
               Ein Problem ist jedoch, dass KI-Algorithmen große Mengen an   wurde gezeigt, dass sogenannte Reinforcement Learning-Algo-
               Trainingsdaten benötigen, um zu einem verlässlichen Ergebnis   rithmen kombiniert mit einem Quanten-Such-Algorithmus
               zu gelangen. Diese großen Datenmengen stehen jedoch häu-  in der Lage sein können, deutlich bessere Behandlungspläne
               fig nicht zur Verfügung – aus Datenschutzgründen, weil die   vorzuschlagen  als  etablierte  Methoden.  Interessanterweise
               entsprechenden Untersuchungen teuer oder ethnisch proble-  benötigen diese Algorithmen auch keine großen fehlerkorri-
               matisch sind, oder einfach Fachleute fehlen, die die Bilddaten   gierten Quantencomputer, sodass der Einsatz zu diesem Zweck
               interpretieren könnten.                          möglicherweise schon in näherer Zukunft Wirklichkeit werden
                                                                könnte.














               Krankenhaus-IT Journal 6 /2022
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