Health-IT Talk: vergaberechtliche Ausschreibungsregeln – aber richtig

HealthIT

Veröffentlicht 15.02.2022 12:00, Dagmar Finlayson

„Vergaberecht für Krankenhausträger – Fördermittel nach dem Krankenhauszukunftsgesetz“ war Thema beim (virtuellen) Health-IT Talk Berlin Brandenburg am 14. Februar 2022. Referent Armin Preussler erläuterte als Fachanwalt für Vergaberecht die kniffligen Vergaberechtsregelungen. Die Pflicht zur Beachtung des Vergaberechts kommt nicht erst mit dem Fördermittelbescheid. Sie besteht im Rahmen von KHZF-Förderprojekten ohnehin. Von Bundesland zu Bundesland sind die Detailregelungen indes vielfach unterschiedlich. Betroffene fürchten Chancenungleichheit und sehen ihren Zeitplan bedroht.

Mit einem Schlußspurt sind zum Jahresende 2021 beim Bundesamt für Soziale Sicherung aus allen Bundesländern KHZG-Anträge eingegangen und Fördermittel von über 4,2 Mrd€ sind beantragt. Nach der KHZG-Antragsphase werden Kliniken in den nächsten Wochen und Monaten die Förderbescheide ihrer Bundesländer erhalten. Entsprechend gilt es für alle geförderten Krankenhäuser, sich auf die Ausschreibung, Vergabe und Umsetzung der Förderprojekte vorzubereiten. Als nächste wesentliche Phase müssen nun die Digitalisierungsprojekte nach öffentlichem Vergaberecht ausgeschrieben werden. Krankenhausverantwortliche suchen Antworten auf Fragen wie: Was empfiehlt sich zum Vorgehen? Welche Verfahrensschritte sind besonders anspruchsvoll? Wen braucht man? Welche Spezialisten sollte man unbedingt einbinden? Wie reagieren, wenn der KIS-/Monopolanbieter kein Angebot abgibt, seine Leistung aber essentiell gebraucht wird?

Für das Vergaberecht spielen Zweck, Grundsätze, europäische/nationale Regelungen für öffentliche Auftraggeber und private Auftraggeber eine maßgebliche Rolle. Ein Ministerialblatt verdeutlicht zu Anforderung und Verwendung der Zuwendung: „Die Zuwendung ist wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.“ Beim Fördermittelbescheid sind Auflagen, Kontrolle und Risiken bei Vergabeverstößen zu beachten. Vergabeverfahrensarten wie die elektronische Kommunikation und Verfahrensdauer sind zu kennen ebenso Details zur Leistungsbeschreibung, Eignungs- und Wertungskriterien und zudem einige Sonderfälle mit keinem Angebot oder nur Angebot(e) über dem Budget.

Vorgaben zur Vergabe von Aufträgen

Die Vorgaben des Vergaberechts sind laut der KHZG-Förderrichtlinie durchgehend zu berücksichtigen. Grundsätzlich sind an das Vergaberecht laut Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB nur öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 99 GWB gebunden. Krankenhäuser mit öffentlichen Trägern müssen daher das GWB-Vergaberecht beachten, wenn die vergaberechtlichen Schwellenwerte erreicht oder überschritten werden.

Der Fördermittelbescheid der Länder wird zudem regelmäßig allgemeine Nebenbestimmungen zur Projektförderung („Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P“) enthalten, die ihrerseits Vorgaben zur Vergabe von Aufträgen enthalten.

Zu beachten ist, dass aufgrund von Nebenbestimmungen in den Förderbescheiden auch private Krankenhausträger bei der Auftragsvergabe auf die Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen verpflichtet werden, mit entsprechenden Folgen für die dadurch erforderliche Vergabe im Wettbewerb.

Über den Fördermittelbescheid gelten auch für sie die ANBest-P des jeweiligen Landes und somit die jeweiligen vergaberechtlichen Bestimmungen. Da Krankenhäuser mit privaten Trägern außerhalb des Förderprojekts typischerweise nicht an vergaberechtliche Bestimmungen gebunden sind, kann dies zu einem erheblichen Mehraufwand führen. Erfahrungen bei der Umsetzung des KHZG zeigen offenbar, dass nichtöffentliche Häuser oft nur über geringe Erfahrung im Umgang mit dem Vergaberecht verfügen. Die vergaberechtlichen Vorgaben können dann zur Verunsicherung führen.

Folgt man dem eigentlichen Ansinnen des Vergaberechts kann ein bedarfsgerecht konzipiertes Vergabeverfahren eine Beschaffung zu wirtschaftlichen Konditionen ermöglichen.

Die Pflicht zur Beachtung des Vergaberechts als öffentlicher Auftraggeber kommt nicht erst mit dem Fördermittelbescheid. Sie besteht im Rahmen von KHZF-Förderprojekten ohnehin. Falls der Bescheid betont, dass konzeptionelle oder innovative Lösungen gefordert werden, ist der Antragsteller berechtigt, statt einer öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung eine Verhandlungsvergabe zu starten. Die Gebote der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz sorgen für einen fairen Wettbewerb zwischen den bietenden Unternehmen und verhindern Korruption und Vetternwirtschaft. Dafür hat das Wettbewerbsregister zu sorgen.

Detailregelungen sind unterschiedlich

Landesregierungen sehen für jeden Träger eine Pflicht zur Beachtung vergaberechtlicher Regeln vor. Damit gilt in den meisten Fällen ab bestimmten Grenzen die Pflicht zur Ausschreibung der Projekte. Sowohl die einzuhaltenden Bestimmungen als auch die Schwellenwerte variieren von Land zu Land. Die brisanten Detailregelungen sind vielfach unterschiedlich. Betroffene äußern daher Kritik. Sie fürchten eine Chancenungerechtigkeit und sehen  ihren Zeitplan bedroht.

Wird der Antrag nicht genehmigt, wird die auftraggebende Klinik die Beratung oder den IT-Dienstleister für die in Anspruch genommenen Leistungen bezahlen müssen. Unklar ist, ob und wie sich erfolgreiche Antragstellung von Externen gewährleisten lässt. Im Grundsatz gilt: Sofern die vergaberechtskonforme Verwendung der Fördermittel nicht nachgewiesen werden kann, besteht die Gefahr der Rückforderung der Zuwendungen nebst Zinsen.

Frühestmöglichen Zeitpunkt beachten

Den 132. Health-IT Talk Berlin Brandenburg besuchten virtuell 120 Teilnehmer. Sie kehrten aus dem Stolperfeld vergaberechtlicher Ausschreibungsregeln etwas mehr stabilisiert in ihre Tagesarbeit zurück: Die Planung und Durchführung von öffentlichen Ausschreibungen stellen Krankenhäuser oft vor große Herausforderungen. Die öffentlich-rechtlichen Krankenhausträger haben bei allen Beschaffungen das Vergaberecht zu beachten. Die frei-gemeinnützigen und privaten Häuser werden in der Regel beim Bezug von Fördermitteln ebenfalls zur Durchführung eines öffentlichen Vergabeverfahrens verpflichtet. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten die jeweiligen vergaberechtlichen Bestimmungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt beachtet werden.

 

Referent Armin Preussler erläuterte als Fachanwalt für Vergaberecht die Vergaberechtsregelungen.


14.3.2022, 17:45 Websession

KHZG-Special: Patientenportale (FTB#2) und Patienteninvolvierung

Der Fördertatbestand #2 des KHZGs zielt auf die Implementierung von Patientenportalen und den einrichtungsübergreifenden Austausch. Dabei müssen und sollen die Patienten als aktive Teilnehmer eingebunden bzw. gewonnen werden. Wie kann diese Einbindung gelingen? Welche Vorerfahrungen gibt es dazu? Welche technologischen Elemente stehen zur Verfügung?

 


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Branchenprofis tauschen sich im monatlich stattfinden Health-IT-Talk Berlin-Brandenburg verbands- und fachrichtungsübergreifend zur Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft aus. Die vier Partner ( IT-Branchenverband SIBB e.V., KH-IT Bundesverband der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter e.V., BVMI – Berufsverband Medizinischer Informatiker e.V., TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte Medizinische Forschung e.V., BVMI, KH-IT, SIBB, TMF) beschäftigen sich mit aktuellen Branchenthemen in Fachvortrag und Diskussion.

www.health-it-talk.de

 


von Wolf-Dietrich Lorenz

Symbolbild: Pixabay/Sozavisimost

 


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