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Veranstaltungen KI als Heilsbringer?
RSNA als Trendsetter auf dem Weg zu alter Stärke
Zurück zur Normalität: Das war wohl – neben allen spannenden und innovativen fachlichen Aspekten –
eine der wichtigsten Botschaften des letztjährigen Jahrestreffens der Radiological Society of North
America (RSNA) in Chicago. Fast 38.000 Teilnehmer haben sich angemeldet, die Besucherzahl dürfte bei
rund 30.000 gelegen haben – und das obwohl weiterhin fast 100 Prozent aller Tagungsinhalte online ver-
fügbar waren und sind. Mit den Teilnehmerzahlen befindet sich der RSNA zahlenmäßig wieder auf dem
Weg Richtung Vor-Pandemie-Zeiten. Auch die 682 Aussteller zeigen, dass man sich wieder live austau-
schen möchte. Zurückhaltender ist dabei allerdings die Ausstellerzahl aus hiesigen Regionen: Lediglich 22
Unternehmen aus Deutschland und Österreich haben sich auf den Weg an den Lake Michigan gemacht,
keines aus der Schweiz.
Im Fokus des diesjährigen Jahrestreffens standen zwei der Das Ergebnis: Laut Dr. Jeudy verbesserte sich die Genauig-
wesentlichen Herausforderungen der Fachrichtung: ein welt- keit der Radiologen von einem AFROC-Wert von 0,73 für
weiter Mangel an Radiologen und Fachpersonal für bildge- ungestützte Ergebnisse auf 0,92 für KI-gestützte Ergebnisse.
bende Verfahren einerseits, und die steigende Nachfrage nach Darüber hinaus verbesserte sich die Sensitivität von 0,68 auf
bildgebenden Verfahren, insbesondere außerhalb des Kran- 0,91, während die falsch-positiven Ergebnisse von 0,48 auf 0,28
kenhauses, andererseits. Als Heilsbringer scheinen weiterhin zurückgingen. Zudem sank die durchschnittliche Untersu-
Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgemacht. Deren chungszeit von 336 Sekunden auf 100 Sekunden.
steigende Bedeutung zeigt sich in Chicago. So gut wie kein „Die KI-unterstützte Erkennung von Lungenknoten verbes-
Anbieter kommt an ihnen vorbei. Eine wahre Leistungsschau serte die Genauigkeit und Effizienz der Erkennung und Mes-
bot der AI Showcase mit 119 Ausstellern. Dort dominierten sung durch den Radiologen um mehr als das Dreifache und
Lösungen rund um die Krebsdiagnostik und -therapie. übertraf damit die derzeitigen manuellen Methoden“, fasst Dr.
Jeudy seine Betrachtungen zusammen. „Dies ist wichtig für das
KI hilft bei Erkennung und Vermessung Lungenkrebsscreening und die Bewertung von zufälligen Lun-
von Lungenknoten genknoten und metastasierten Erkrankungen. Angesichts der
Radiologen können mithilfe von KI Lungenknötchen exakter zunehmenden Komplexität der Leitlinien können KI-Hilfsmit-
bestimmen und beurteilen. Nicht nur das: Algorithmen kön- tel die Einhaltung angemessener Einstufungen und Manage-
nen potenziell die Arbeitseffizienz steigern und gleichzeitig mentstrategien verbessern“, sagte er.
die diagnostische Genauigkeit erhöhen. Das ist die wesentliche
Aussage eines wissenschaftlichen Posters, das am Donnerstag KI-Modell zur Darmkrebserkennung
von Dr. Jean Jeudy Jr., Professor für diagnostische Radiologie Eine Künstliche Intelligenz könnte dazu beitragen, Darmkrebs
und Nuklearmedizin und stellvertretender Vorsitzender für bei einer routinemäßigen abdominopelvinen Computertomo-
klinische Informatik an der University of Maryland School of grafie (APCT) ohne Vorbereitung des Darms zu erkennen, so
Medicine, vorgestellt wurde. das Ergebnis einer Studie, die Dr. Seung-Seob Kim, klinischer
Dr. Jeudy und seine Kollegen haben eine multizentrische Assistenzprofessor in der Abteilung für Radiologie am For-
retrospektive Lesestudie durchgeführt, und dabei 151 Brust- schungsinstitut für Radiologische Wissenschaft des Severance
CTs betrachtet, von denen 48 mindestens einen Lungenknoten Hospitals des Yonsei, auf dem RSNA vorstellte.
aufwiesen und 103 negativ waren. Zehn zertifizierte Radiolo- Das KI-Modell wurde anhand von APCTs von 2.662 Pati-
gen haben die Aufnahmen dann zuerst ohne und vier Wochen enten trainiert, bei denen zwischen 2010 und 2014 Darmkrebs
später mit KI-Unterstützung beurteilt. Die Forscher haben die diagnostiziert wurde. Der Algorithmus wurde dann mit Daten-
diagnostische Genauigkeit durch den Vergleich von KI-unter- sätzen von knapp 1.300 konsekutiven Patienten mit oder ohne
stützten und nicht-unterstützten Befundungen anhand der Darmkrebs validiert, die sich zwischen Januar und Juni 2018
Free-Response-ROC-Kurve (AFROC) bewertet. Darüber hin- innerhalb eines zweimonatigen Intervalls in zwei unabhängi-
aus haben sie Sensitivität, Spezifität sowie Falsch-Positiv-Raten gen tertiären Krankenhäusern einer APCT und einer optischen
und Befundzeit gemessen. Koloskopie unterzogen.
Krankenhaus-IT Journal 1 /2023
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