Page 41 - KrankenhausITJournal_Ausgabe062020
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Digitaler Reifegrad: Nagelprobe




 für die Krankenhauszukunft  3. Differenzierte Betrachtung regionaler und lokaler Gegebenheiten bei internationaler Vergleichbarkeit:



                Aus Sicht der GMDS muss eine flächendeckende Reifegradmessung unter Berücksichtigung der historisch gewachsenen und äußerst
                heterogenen KIS-Landschaft in deutschen Krankenhäusern erfolgen. So zeigen internationale Vergleiche, dass die Nutzung starrer
                Indikatoren-Sets, kumulativer Verrechnungslogiken („je mehr desto besser“) und die Orientierung an normativen Goldstandards
                („One size fits all“) zu einem verzerrten Bild der tatsächlichen digitalen Reife der deutschen Krankenhauslandschaft führen kann.

               4. Tiefen- und Breitenkompatibilität durch kriterien-  5. Zielführender Wissenschaft-Praxis Dialog
               geleitete Auswahl bestehender Reifegradmodelle:   durch Konsortienbildung:
               Aus Sicht der GMDS sollte das zu entwickelnde Reifegrad-  Die GMDS begrüßt ausdrücklich, dass das geplante Vorhaben
               modell von Beginn an und dezidiert eine Breiten- und Tie-  federführend durch eine Forschungseinrichtung durchgeführt
               fen-Kompatibilität zu bestehenden Ansätzen gewährleisten.   werden soll. So wurde bis dato ein Großteil der Reifegradmo-
               Breiten-Kompatibilität bezieht sich auf die Vergleichbarkeit zu   delle in der Praxis entwickelt, ohne dass ein Nachweis wissen-
               internationalen Ansätzen und ermöglicht internationale Ver-  schaftlicher Gütekriterien erbracht, bzw. publiziert wurde (insb.
               gleiche und longitudinale Analysen mit bereits durchgeführten  Validität, Reliabilität und Objektivität). Da die flächendeckende
               Erhebungen. Tiefen-Kompatibilität bezieht sich auf die Diffe-  Reifegraderfassung zur Evaluation von gesetzlichen Vorgaben
               renzierbarkeit einzelner Reifegradindikatoren in dem zu entwi-  und Fördermaßnahmen bereits in vielen Gesundheitssystemen
               ckelnden Ansatz und wird über die Verknüpfung mit themen-  gängige Praxis ist, kann von internationalen Erfahrungen profi-
               spezifischen Reifegradmodellen hergestellt.      tiert werden kann.

                                                                6. Skalierbarkeit durch langfristige technische
                  Über die GMDS                                 und organisatorische Institutionalisierung:
                  Die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik,   Auf dem Weg zur digitalen Reife ist die Erfassung des Reife-
                  Biometrie und Epidemiologie e.V. ist mit derzeit ca.   grades ein erster Schritt. Ein koordinierter und nachhaltiger
                  2.000 Mitgliedern die einzige wissenschaftliche Fachge-  Digitalisierungsfortschritt wird jedoch erst ermöglicht, wenn
                  sellschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz,   die Reifegradmessung als ein Schritt innerhalb eines mehrschrit-
                  die die fünf Disziplinen Medizinische Informatik,   tigen und kontinuierlich durchgeführten Plan-Do-Check-Act-
                  Medizinische Biometrie, Epidemiologie, Medizinische   Zyklus betrachtet wird. Hieraus ergibt sich die grundsätzliche
                  Dokumentation und Medizinische Bioinformatik und   Anforderung einer langfristigen technischen und organisatori-
                  Systembiologie gemeinsam vertritt.            schen Institutionalisierung der Reifegradmessung über den För-
                                                                derzeitraum hinaus, die auch eine Skalierung des Ansatzes auf
                  Quelle: Stellungnahme der GMDS zur Ausgestaltung von § 14b   das gesamte Gesundheitssystem umfassen. Als Beispiel kann der
                  des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG): „Evaluierung des   Nordic eHealth Benchmark gelten.
                  Reifegrades der Krankenhäuser hinsichtlich der Digitalisierung"
                  www.gmds.de











               Krankenhaus-IT Journal 6 /2020
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