Page 97 - KrankenhausITJournal_Ausgabe062020
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Welche Prozesse bei synedra sind involviert?       der Hersteller braucht verpflichtend eine benannte Stelle und muss
                 In erster Linie das Produktmanagement bezüglich der Pro-  ein Qualitätsmanagementsystem einführen. Als Hersteller eines
                 duktauslegung und des Risikomanagements, aber auch   Medizinprodukts der Klasse IIb hat synedra den Vorteil, dass wir hier
                 Entwicklung&Produktion hinsichtlich des Software-Life-  schon Vorarbeit geleistet haben.
                 Cycles und der Software-Dokumentation, Service&Technik
                 mit Dienstleistungen im Nachgang und der Installation sowie   Worin siehst du die größten Herausforderungen
                 das Qualitätsmanagement Hauptsächlich fällt die Umstel-   für synedra?
                 lung auf die MDR aber in die Zuständigkeit der Stabsstellen:   Im Sinne von Projektmanagement liegt für mich die größte Heraus-
                 Risikomanagement, Sicherheit, Qualitätsmanagement, Vali-  forderung darin, so gut zu timen, dass wir unter Berücksichtigung der
                 dierung.                                        Abhängigkeiten von unserer benannten Stelle rechtzeitig im Som-
                                                                  mer unseren nächsten Release „Argos“ in Verkehr bringen können.
               Wie wirkt sich die Umstellung konkret aus?         Inhaltlich die Dokumentation fertig zu stellen ist planbar von unse-
                 Die Validierung, das Risikomanagement und die Softwaredo-  rer Seite, aber wir haben terminliche Abhängigkeiten. Wir brauchen
                 kumentation wurden überarbeitet sowie unsere Technische   einen Auditor, der die Audits vor Ort durchführen kann, da keine
                 Dokumentation in eine neue Struktur überführt. Da wurde   Möglichkeit für ein remote stattfindendes Audit besteht. Wir wis-
                 vieles in Gang gesetzt. Nicht nur bedingt durch die MDR;   sen nicht, wie es mit Corona weitergeht. Das sind aus meiner Sicht
                 diese Bereiche hat man sozusagen gleich mitgezogen. Die   die Schwierigkeiten. Weil Termine mit benannten Stellen von langer
                 klinische Bewertung, die wir seit einigen Jahren bei wesentli-  Hand geplant werden müssen. Unsere benannte Stelle ist übrigens
                 chen Änderungen am Produkt durchführen, war ein Vorbote   die 16. in Europa benannte. Wir haben darüber hinaus schon eine
                 dieses Themas. Oder die Überwachung nach dem Inverkehr-  Machbarkeitsanalyse durchgeführt von Seiten der benannten Stelle,
                 bringen. Vor 5, 6 Jahren haben wir das nicht gemacht. Mein   die wir erfolgreich bestanden haben.
                 großes Anliegen ist es, mehr Struktur in die Abläufe zu brin-
                 gen und somit aussagekräftigere Daten für die Beurteilung
                 des Nutzen-Risiko-Verhältnisses generieren zu können. Alle
                 Daten – aus Reklamationen, Meldungen von Mitbewerbern,
                 der Validierung, dem Risikomanagement – sollen in dezidier-
                 ten Eingangskanälen strukturiert zusammenlaufen, um eben
                 eine valide Beurteilung zu ermöglichen.

               Worin liegen die Herausforderungen für
               Medizinproduktehersteller im Allgemeinen?
                 In Ausschreibungen wird künftig vermutlich gefordert, dass
                 die Produkte nach der MDR zugelassen sind. Die Hersteller
                 haben Richtlinien-Zertifikate, die bis max. 2024 gelten. Nur
                 haben sie das Problem, dass sie keine wesentlichen  Ände-
                 rungen an den Produkten vornehmen dürfen, da sonst eine
                 Zertifizierung nach der MDR erforderlich wird. D. h., wenn
                 sie weiter mit innovativen Produkten am Markt bestehen
                 wollen, müssen sie sich nach der Verordnung zertifizieren
                 lassen. Bis spätestens 2024 müssen ohnehin alle Hersteller
                 umsteigen, dann endet die Übergangsfrist. Auf den letzten
                 Drücker umzusteigen, ist aber auch keine gute Idee, weil der
                 Zulassungsprozess nach der MDR in etwa 9 Monate dau-
                 ert. Darüber hinaus gab es vor der Umstellung 80 benannte
                 Stellen in Europa und jetzt 16, die natürlich nicht so viele Ter-
                 mine haben.
                 Bisher  war Software  gar nicht so im  Fokus  der  Reglemen-
                 tierung , das heißt, sie war meistens in  der niedrigsten
                 Risikoklasse I beheimatet. Klasse I bedeutet, dass der Her-
                 steller in der Regel keine benannte Stelle benötigt und somit
                 nicht auditiert wird. Durch die MDR haben sich die Klassifi-
                 zierungsregeln geändert und jede Software, die mit Diagnose   Markus Speiser, Qualitätsmanagement
                 und Befundung zu tun hat, ist Minimum Klasse IIa, sprich   Beauftragter, synedra


               Krankenhaus-IT Journal 6 /2020
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