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Tatjana Neitz-Kluge, stellvertretende Sprecherin des
                                                                DSAG-Arbeitskreises Healthcare und hauptberuflich
                                                                tätig bei der Universitätsmedizin Göttingen.
















                                                                Partner begrenzt verfügbar
                                                                Zu den Herausforderungen in den Häusern selbst kommt noch
                                                                hinzu, dass die Partner bzw. Beratungsunternehmen für diese
                                                                Bereiche ausgelastet oder nur begrenzt verfügbar sind. „Die
                                                                Strategien der großen Software-Hersteller bilden den erheb-
                                                                lichen Bedarf an kompetenten Partnern nicht ab. Die Folge:
                                                                Kund:innen sind mit ihren Projekten allein“, sagt Michael Pfeil
                                                                und ergänzt: „Innovationen sind sicherlich auch im Gesund-
                                                                heitsbereich notwendig, allerdings in der passenden Geschwin-
                                                                digkeit.“ Eine Anpassung der Organisation erfolgt schon länger,
                                                                doch dieser Prozess benötigt aufgrund zahlreicher relevanter
                                                                Abhängigkeiten und gesetzlicher Vorgaben Zeit.
                                                                  „Sicherlich ist für die Mehrheit der Gesundheitseinrich-
                                                                tungen ohne Unterstützung des Staates keine Transformation
                  „Darüber hinaus ist für viele Gesundheitseinrichtungen   in die Cloud möglich. Es braucht also sinnvolle Fördertöpfe“,
               der tatsächliche Mehrwert von Cloud-Lösungen noch nicht   fordert Michael Pfeil. Im Endeffekt sollten Synergien geför-
               ersichtlich. Das kann auch daran liegen, dass die Cloud-Defi-  dert werden. Die souveräne Cloud und der gemeinschaftliche
               nitionen sehr unterschiedlich sind“, sagt Tatjana Neitz-Kluge,   Betrieb von Gesundheitsrechenzentren wären denkbar. „Eine
               stellvertretende Sprecherin des DSAG-Arbeitskreises Health-  autonome Transformation in den einzelnen Einrichtungen
               care und hauptberuflich tätig bei der Universitätsmedizin Göt-  wird hingegen nicht funktionieren. Doch Kooperationen brau-
               tingen. Dies würden auch die Entlastung durch den Betrieb und   chen Zeit. Daher darf bei Cloud-Transformationen nicht in
               die Sicherstellung der zeitnahen Upgrades sowie der Wegfall   Fünf-Jahresschritten gedacht werden, und es braucht eine ganz-
               von Hardware-Beschaffungs- bzw. -Ersatzkosten nicht aufwie-  heitliche Strategie, die jede Einrichtung mitnimmt“, so Michael
               gen. „Durch kontinuierlichen Beratungs- und Customizing-  Pfeil. Eine Mammutaufgabe.
               Aufwand sowie die Nutzerbetreuung entsteht den Häusern
               hoher Aufwand. Dieser zeigt sich z. B. immer wieder beim Jah-  Politik und Software-Hersteller gefordert
               reswechsel hinsichtlich der Standard-Katalogaktualisierungen,   Aus DSAG-Sicht ist mehr Unterstützung seitens Politik und der
               aber auch für kundenindividuelle Preispflege und Customi-  Software-Hersteller dringend notwendig. „Cloud-Strategien
               zing der Abrechnungsbestimmungen“, erläutert die Expertin.   decken jedoch nur einen Teil der Anforderungen ab und sind
               Zudem ließen ständige neue gesetzliche Anforderungen sowie   nicht als alleiniger Indikator für Transformationen zu sehen.
               Ergebnisse aus Budgetverhandlungen Best-Practice-Lösungen   Hier braucht es Konzepte, die auch die immer noch notwendi-
               nicht immer zu.                                  gen On-Premise-Varianten mit einbeziehen“, so Michael Pfeil.
                   „Gleichzeitig sind die Einrichtungen im Gesundheitswe-  Gleichermaßen muss hinsichtlich der datenschutzrechtlichen
               sen nicht gut auf die Geschwindigkeit der Hersteller vorberei-  Vorgaben einiges passieren, um den Weg in eine Infrastruktur
               tet. Die Anforderungen wachsen stetig und zu viele Projekte   mit Cloud-Technologie zu ermöglichen. Aus DSAG-Sicht sind
               müssen parallel umgesetzt werden, was z. B. die Fristen im   die meisten Einrichtungen noch nicht so weit, um die Fragestel-
               Krankenhauszukunftsgesetz belegen“, erläutert der DSAG-  lungen zur Cloud beantworten zu können. Daher ist dringend
               Arbeitskreissprecher Pfeil. Zudem sei die Komplexität in   ein Gremium mit Vertreter:innen des Staates, der Gesundheits-
               Gesundheitseinrichtungen nicht vergleichbar mit den Abläu-  einrichtungen und großen strategischen Software-Herstellern
               fen in privatwirtschaftlichen Unternehmen. Gleiches gelte für   notwendig, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen vor-
               die Entscheidungswege.                           anzutreiben.


               Krankenhaus-IT Journal 1 /2023
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