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IT-Management SAP-Abkündigung zu IS-H
fordert Kliniken
Beim Jahreskongress der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) im Oktober 2022 hat
SAP angekündigt, selbst keinen Nachfolger für die Branchenlösung SAP Patientenmanagement (IS-H)
in der S/4HANA-ERP-Welt zu entwickeln. Der Rückzug von SAP aus diesem Bereich bedeutet unter
anderem, dass Prioritäten neu vergeben und Projektpläne überdacht werden müssen.
rankenhäuser und Kliniken, die IS-H einsetzen, müssen
Knach der Ankündigung von SAP neue IT-Strategien erar-
beiten und ihre Systemarchitektur überdenken. „Durch die
strategische SAP-Entscheidung steht nicht nur ein Großprojekt
an, um die kaufmännischen Krankenhaus-Module der SAP-
ERP-Systeme abzulösen, sondern auch jedes Krankenhausin-
formationssystem (KIS) wird in den Fokus gerückt“, erläutert
Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvorstand Personalwesen &
Public Sector. Das betrifft z. B. das KIS i.s.h.med von Oracle
Cerner. Dabei müssen KIS-Anbieter ihr vorhandenes Funk-
tionsspektrum entweder um die Patientenabrechnung und
-administration erweitern oder die Krankenhäuser müssen eine Walter Schinnerer, DSAG-Fachvorstand Österreich, Leiter des SAP
zusätzliche Software beschaffen und in das KIS integrieren. Aus Competence Centers der IT-Services der österreichischen Sozialversicherung
DSAG-Sicht fordert Walter Schinnerer, DSAG-Fachvorstand GmbH: „Häuser, die i.s.h.med einsetzen, brauchen Klarheit darüber,
Österreich, der als Leiter des SAP Competence Centers der wie und wann Oracle Cerner eine verbindliche Nachfolge bestenfalls mit
IT-Services der österreichischen Sozialversicherung GmbH den nun fehlenden Funktionen präsentiert.“
selbst von der strategischen Entscheidung von SAP betroffen die auf unsere Häuser zukommenden Aufgaben mit den vor-
ist: „Häuser, die i.s.h.med einsetzen, brauchen Klarheit darüber, handenen Ressourcen nicht zu erfüllen – und die optionale
wie und wann Oracle Cerner eine verbindliche Nachfolge bes- Extended-Wartung ist schlichtweg ein enormer Kostenfaktor“,
tenfalls mit den nun fehlenden Funktionen präsentiert.“ ordnet Michael Pfeil ein. Der Digitalisierungsdruck und die
Geschäftsprozesse im Bereich der Verwaltung neu denken zu
Hoher personeller und monetärer Aufwand müssen, bedürfen mehr als einer Wartungsverlängerung.
Doch nicht nur Klarheit benötigen die Krankenhäuser und
Kliniken. Mit der neuen SAP-Healthcare-Strategie geht auch Migrationsstrategien und Zeitpläne
einher, dass Personal und Geld notwendig werden. „Der per- auf dem Prüfstand
sonelle und monetäre Aufwand ist bei entsprechenden Projek- Betroffen sind von der SAP-Entscheidung diejenigen, die noch
ten erheblich“, so Michael Pfeil, DSAG-Arbeitskreissprecher nicht auf S/4HANA migriert haben, sowie all jene, die bereits
Healthcare. Der IT-Abteilungsleiter SAP/Betriebswirtschaft- eine Vertragsumwandlung (Conversion) vorgenommen und
liche Applikationen beim Universitätsklinikum Bonn hält ein S/4HANA-Projekt gestartet haben. „Diese Krankenhäuser
auch den mit der SAP-Entscheidung einhergehenden Zeit- müssen ihre Migrationsstrategie inklusive Zeitplan überden-
plan für unrealistisch. Der Grund: SAP hat für die Software ken. Und vor dem Hintergrund der Kosten und des Aufwands
SAP ERP Central Component (SAP ECC) eine Mainstream- werden insbesondere kleinere Häuser möglicherweise prüfen
Wartungszusage bis zum 31.12.2027 gegeben, an die sich eine müssen, ob sie an einer SAP-Lösung für den kaufmännischen
kostenpflichtige, optionale Extended-Wartung bis Ende 2030 Bereich festhalten müssen“, erläutert Tatjana Neitz-Kluge, stell-
anschließt. Für die Branchenlösung IS-H wird es ab 2031 nur vertretende Sprecherin des DSAG-Arbeitskreises Healthcare
noch Kundenspezifische Wartung geben. „Bis Ende 2027 sind und hauptberuflich tätig bei der Universitätsmedizin Göttingen.
Krankenhaus-IT Journal 6 /2022
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