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Nachfolger auf S/4HANA
SAP-Abkündigung zu IS-H Insgesamt setzt SAP voraus, dass die Digitalisierungsstrategien Kurz nach der SAP-Information hat bereits ein SAP-Partnerun-
in den Kliniken und Krankenhäusern klar sind und ausreichend
ternehmen angekündigt, einen Nachfolger für die Branchenlö-
Partner zur Umsetzung zur Verfügung stehen. Aus DSAG-Sicht
sung IS-H auf S/4HANA anzubieten und zusätzlich Innovati-
dürfte es jedoch schwierig werden, Anbieter zu finden, die das
fordert Kliniken bisherige Leistungsportfolio von IS-H abdecken können. Dem- von Partnern, einen Nachfolger für die Branchenlösung IS-H
onen zu entwickeln. „Aus DSAG-Sicht begrüßen wir Vorhaben
entsprechend steht zu befürchten, dass die Häuser künftig noch
weitere Anbieter mit ins Boot holen müssen – insbesondere für
ten viele Kliniken und Krankenhäuser einen kompletten Pro-
die Patientenabrechnung. auf S/4HANA zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise könn-
duktwechsel vermeiden“, so Hermann-Josef Haag. Gleichzeitig
Cloud-Nutzung im Klinikbereich könnten die Infrastruktur bereits beschafft und die S/4HANA-
problematisch Projekte für die Prozesse in der Verwaltung aufgesetzt werden.
Von der technischen Seite betrachtet, will SAP die Branchen- „Wir unterstützen alle Partner dabei, die besten Optionen für
lösungen künftig über spezifische Datenmodelle und Schnitt- die Branche und gegebenenfalls eine Nachfolgelösung für IS-H
stellen in die Cloud zur Business Technology Platform (BTP) zu erarbeiten. Daher stehen wir bereits mit Partnern in Kontakt,
unterstützen und Partnern die Ausgestaltung überlassen. um eine Architektur für die Zeit nach der Abkündigung zu ent-
„Doch bevor die Nutzung der BTP im Kontext der Patienten- wickeln“, erläutert Walter Schinnerer.
daten möglich ist, bedarf es noch Anpassungen. Bezüglich der Hier ist Eile geboten. Aus DSAG-Sicht ist es entscheidend,
Cloud-Nutzung im Klinikbereich muss die Politik eingreifen, dass die Lösungen zeitnah (ab 2024) verfügbar sind und die
Standards etablieren, Ressourcen bereitstellen und den Daten- Ressourcen für eine Umsetzung bereitgestellt werden. „Nur so
schutz anpassen“, fordert Michael Pfeil. Cloud-Instanzen soll- können wir mit der Umsetzungsplanung für die Einrichtungen
ten für Behörden und entscheidende öffentliche Institutionen im Gesundheitswesen beginnen. Wir brauchen verbindliche
im jeweiligen Land aufgesetzt werden. „Die vorhandenen loka- Zusagen möglicher Partner“, fordert Christoph Wuczkowski
len Private-Cloud-Angebote sind nicht für Gesundheitsdaten und Tatjana Neitz-Kluge ergänzt: „Das hat massiven Einfluss
vorgesehen“, ordnet Christoph Wuczkowski, stellvertretender auf die Transformations-Roadmaps der Kunden, für die eine
Sprecher der österreichischen DSAG-Arbeitsgruppe Gesund- Investitions- und Planungssicherheit gewährleistet sein muss.
heitswesen ein, der hauptberuflich bei der Vinzenz Gruppe Sofern der On-Premise-Weg gegangen wird, muss es auch über
Krankenhausbeteiligungs- und Management GmbH tätig ist. 2040 hinaus für S/4HANA bzw. einen Nachfolger eine entspre-
Gleichzeitig müssen die Gesundheitsdaten rund um die Uhr chende Verfügbarkeitsgarantie geben.“ Insgesamt sei es unab-
verfügbar sowie Ausfallszenarien für Software-Updates und dingbar, dass SAP die Entwicklungen der Partnerunternehmen
ungeplante Störungen ausgeschlossen sein. intensiv unterstützt und die Umsetzung ermöglicht. Hier wird
es aus DSAG-Sicht spannend, wie SAP mit ihren eigenen Vor-
gaben umgeht, den S/4HANA-Kern „sauber“ halten zu wollen.
Auch, was die Lizenz- und Wartungsthematik für einen mögli-
chen IS-H-Nachfolger anbelangt, erwartet die Interessenvertre-
tung pragmatische Lösungsvorschläge von SAP.
Anforderungen zu Migration und
Funktionsumfang
Bezogen auf die Migration einer neuen IS-H-Lösung nach
S/4HANA, haben die DSAG-Expert:innen konkrete Vorstel-
lungen. So sollte der Migrationsaufwand so gering wie möglich
sein und es sollten Innovationen und verbesserte Funktionali-
täten mit einer Nachfolgelösung geboten werden. „Damit der
Aufwand der IS-H-Neuimplementierung überschaubar bleibt
und kein jahrelanger paralleler Betrieb vom IS-H in einem
SAP-ERP-Central-Component-System nötig ist, muss es eine
Lösung für die Übernahme bestehender Abrechnungsdaten
Tatjana Neitz-Kluge, stellvertretende Sprecherin des DSAG- geben, da Rechnungen bis zu sieben Jahre nach Rechnungsle-
Arbeitskreises Healthcare, Universitätsmedizin Göttingen:
„Und vor dem Hintergrund der Kosten und des Aufwands gung storniert und neu fakturiert werden können“, so Tatjana
werden insbesondere kleinere Häuser möglicherweise prüfen Neitz-Kluge.
müssen, ob sie an einer SAP-Lösung für den kaufmännischen
Bereich festhalten müssen.
Krankenhaus-IT Journal 6 /2022
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