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Titelthema Problemstellung erheblichem Maß beteiligt ist (Richten, das Pflegepersonal (von Eiff W, 2011)
In Krankenhäusern sind zwischen 19%
Ein bedeutsames Risikofeld für das
planten Arzneimittelwirkungen von
und 35% aller Fehlerereignisse mit Ausgeben, Stellen der Medikation). sowie einem Rückgang der Rate an unge-
einer Patienten-schädigenden Wirkung Pflegepersonal besteht in der Vorberei- 3,5 auf 0,5 pro 1.000 Patienten. Solche
auf Arzneimittelirrtümer zurückzufüh- tung, Stellung und Kontrolle der Arz- Schranksysteme werden auch im Rah-
ren. Zirka 15.000 Patienten versterben neimittelgabe. Bis zu 5% der Medikati- men des Akkreditierungsverfahrens der
jährlich in deutschen Krankenhäusern onsfehler entstehen beim „Stellen und JCAHO zur Qualitätszertifizierung und
als Folge eines Arzneimittelfehlers. Etwa Richten“ durch die Pflege. Diese Fehler der ANCC (ANCC, 2020) zur Errei-
14% der durchschnittlichen Verweildauer gehen zu 11% auf falsche Transkription chung eines Status als Magnet-Kranken-
ist durch ungeplante Arzneimittelwir- zurück, sind zu 14% auf die Zusammen- haus positiv bewertet.
kungen (UAW) begründet. Unabhängig stellung zurückzuführen und betreffen zu Elektronische Versorgungsschränke
von gesundheitlichen Beeinträchtigun- 26% die Abgabe. sind Teil eines „geschlossenen Versor-
gen und spürbaren Einschränkungen des gungssystems“ mit dem Ziel, uner-
Wohlbefindens für betroffene Patienten Problemlösung: Digitalisie- wünschte Medikationsereignisse zu ver-
bewirkt jeder nicht fatale Medikations- rung des Medikationsprozes- meiden und gleichzeitig die Kosten der
irrtum im Durchschnitt zirka 3.000 € ses durch EVS Medikamentenversorgung zu begrenzen.
zusätzliche Kosten. Insbesondere in amerikanischen, eng- Das „Endprodukt“ dieses geschlossenen
lischen und niederländischen Kranken- logistischen Versorgungsprozesses mit
Fehlerursache: Arzneimittel- häusern werden „Elektronische Versor- Arzneimitteln ist eine therapeutische
Versorgungsprozess gungsschrank-Systeme“ eingesetzt, um Unit Dose, die von der Pflegekraft aus
Der Prozess der Medikamentenversor- Medikationsirrtümer zu vermeiden, und einem elektronisch gesteuerten Versor-
gung von der Medikamenten-Anamnese damit insbesondere die Pflegekräfte auf gungsschrank heraus zusammengestellt
bei Aufnahme bis zur Medikationsemp- Station zu entlasten. (siehe das Ablauf- und dem Patienten verabreicht wird.
fehlung bei Entlassung ist ein komple- konzept in Abbildung 2). In dem Schranksystem hinterlegt
xer, stark arbeitsteiliger Prozess mit einer Krankenhäuser, die dieses System ein- sind alle arzneimittelbezogenen Thera-
Vielzahl von Fehlermöglichkeiten; dazu geführt haben, berichten von deutlich piedaten für einen Patienten. Eine Prüf-
gehören: weniger Medikationsfehlern in Verbin- funktion stellt sicher, dass nur diejenigen
■ Verordnungsfehler des Arztes, dung mit einer hohen Akzeptanz durch Medikamente in der verordneten Menge
■ unsachgemäße Lagerung der Medi-
kamente,
■ mangelhafte Überwachung von Ver-
fallsdaten,
■ Retouren aufgrund von Falschliefe-
rungen,
■ Verwechslung vom Patienten wegen
einer anderen Erkrankung (z.B. Mul-
tiple Sklerose, Diabetes) selbst mitge-
brachter Medikamente,
■ fehlerhafte Zusammenstellung der
Medikamente und
■ Stellfehler (falsche Zeit, mangelnde
Überprüfung der Einnahme).
■ Ursachen im Bereich der Arbeitsbe-
dingungen betreffen Kommunikati-
onsmissverständnisse zwischen den
Akteuren im Medikationsprozess
und zunehmender Zeitdruck, dem
das Stationspersonal aufgrund von
Arbeitsüberlastung ausgesetzt ist.
Zwischen 26% und 44% der Feh-
ler im Medikationsprozess (von Eiff, Abbildung 2: Elektronische Schranksysteme mit RFID-Patientenidentifikation
2011; Brinkrolf et al., 2013) treten bei (Smart Cabinets) erhöhen die Arzneimittelsicherheit für den Patienten und entlasten
Tätigkeiten auf, an denen die Pflege in das Pflegepersonal (Quelle: Eigene Darstellung; Fotos: Omnicell).
Krankenhaus-IT Journal 1 /2021
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