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Sechs von zehn Befragten prognostizie-  Klinik, Pharma, Ärzte:   könnten die Dynamik der Transforma-
               ren, dass die großen Tech-Konzerne zu   Player bereiten sich auf   tion noch potenzieren: So ist denkbar,
               den etablierten Playern im Gesundheits-  den Wandel vor          dass einem der großen Tech-Konzerne
               wesen zählen werden. Sieben von zehn   Untersucht  man,  wie die verschiede-  der Markteintritt gelingt, auch in stark
               Befragten rechnen damit, dass Patienten   nen Marktteilnehmer  auf das  verän-  regulierten Bereichen. Ein anderes nicht
               den Versicherungen persönliche Daten   derte Umfeld reagieren, ergibt sich ein   unwahrscheinliches Szenario: Ein etab-
               zu ihrer Lebensführung zur Verfügung   heterogenes Bild. Während viele Player   lierter Akteur verschafft sich durch die
               stellen, um bessere Konditionen zu erhal-  abwarten, haben andere bereits radikale   Kooperation mit Tech-Unternehmen
               ten. Knapp 40 Prozent prognostizieren   Initiativen angestoßen: Eine führende   einen entscheidenden Wettbewerbsvor-
               noch stärker wirksamkeitsbasierte und   deutsche Klinikkette hat sich beispiels-  teil. Genauso gut könnte es aber einem
               damit erfolgsabhängige Arzneimittel-  weise das Ziel gesetzt, den Wandel zum   etablierten Player gelingen, in einem
               preise.                          digitalen, integrierten Gesundheitsbe-  zukünftig  weniger  regulierten  Markt
                  Es drängen neue, branchenfremde   gleiter intensiv voranzutreiben und künf-  aus eigener Kraft Vorreiter für digitale
               Akteure auf den Gesundheitsmarkt, die   tig zwei Drittel ihres Umsatzes mit digita-  Innovation zu werden. Derzeit ist nicht
               um sich herum komplette Ökosysteme   len Therapien zu erzielen. Auf dem Weg   absehbar, ob und welches der genannten
               schaffen werden, etwa durch den Bau   dahin hat das Unternehmen eine ganz-  Szenarien bis zum Jahr 2025 eintrifft. Klar
               eigener Versorgungsstrukturen und Apo-  heitliche Digitalisierung aller Prozesse   ist jedoch, dass der Großteil der Exper-
               theken. Derlei Aktivitäten waren bisher   gestartet, die die medizinische Qualität   ten von einem fundamentalen Wandel
               den etablierten Playern vorbehalten.   steigern und das medizinische Personal   ausgeht oder diesen bereits aktiv anstrebt.
               Gleichzeitig verstärken auch internati-  entlasten soll. Ein Großteil der geplanten   Erfahrungen haben gezeigt, dass ein
               onale Technologiekonzerne ihre Prä-  Investitionen soll direkt oder indirekt auf   digitales Transformationsprojekt nur
               senz im Gesundheitsmarkt. Sie haben   Digitalisierungsthemen entfallen. Den   dann nachhaltig erfolgreich ist, wenn die
               Zugang zu großen Datenmengen, die   größten Vorteil für die Gesundheitsver-  Führungskräfte und Mitarbeiter ihr Ver-
               Rückschlüsse auf den Gesundheitszu-  sorgung sieht die Unternehmensführung   halten dauerhaft ändern.
               stand ihrer Kunden ermöglichen. Und sie   in der Aggregierung und Nutzung von   Verkrustete Strukturen und Silos
               beherrschen datengetriebene Geschäfts-  Patientendaten. So seien etwa Diagnosen   müssen dafür aufgebrochen, Hierarchien
               modelle. Wenn diese „BigTechs“ in der   von Röntgenbildern mit Hilfe künstli-  abgebaut sowie agile Denk- und Arbeits-
               Lage sind, ihre Kunden auch in sehr   cher Intelligenz treffsicherer.   weisen  implementiert  werden.  Wichtig
               persönlichen  Lebensbereichen wie der   Sogenannte Digitale Therapeutika   ist aber: Bevor neue Verhaltensweisen
               Gesundheit zu binden, kann ein enormer   (DTx) haben großes Potenzial: Diese   eingeführt werden, muss klar definiert
               Lock-in Effekt entstehen.       Therapieverfahren nutzen digitale Tech-  sein, wohin sich das Healthcare-Unter-
                                                nologien, um physische oder psychische   nehmen insgesamt weiterentwickeln soll.
               Roadmap für digitale             Erkrankungen. Durch Verhaltens- oder   Dazu sollten Digitalisierungsprojekte
               Transformation                   Lebensstiländerungen zu behandeln   regelmäßig einem Realitätscheck unter-
               Um auf unterschiedliche Zukunftssze-  oder zu verhindern. Bei der Verwendung   zogen werden.
               narien vorbereitet zu sein, heben die   entsprechender Tools fallen gleichzeitig
               Studien-Autoren fünf Erfolgsfaktoren   Gesundheitsdaten an, die anschließend
               hervor:                          erneut analysiert werden können, um   (1)
                                                daraus individuelle Empfehlungen abzu-  Die Studie „Future of Health Eine Bran-
               1 Veränderungsbereitschaft entwickeln  leiten. Digitale Therapeutika gibt es für   che digitalisiert sich – radikaler als erwar-
                                                verschiedene Indikationsgebiete wie Dia-  tet“ (Oktober 2019) wurde vom Roland
               2 Frühwarnsysteme etablieren und   betes mellitus, Herzinsuffizienz, Adiposi-  Berger Healthcare-Team erstellt. Für die
                radikaler denken                tas, Alzheimer, Depressionen und Angst-  Publikation wurden 400 internationale
                                                störungen.                      Experten gebeten, die mittel- und langfris-
               3 Auf Kunden- und Use Cases                                      tigen Veränderungen im Gesundheitswesen
                fokussieren                                                     einzuschätzen. Diese Prognosen wurden
                                                Digitale Transformation         anschließend im Delphi-Verfahren mit
                                                bis 2025
               4 Netzwerk-Logik adaptieren und                                  führenden Branchenexperten validiert.
                Kooperationen nutzen            Dem  Gesundheitsmarkt  stehen  –  das
                                                zeigen die Einschätzungen der Befrag-
               5 Realistisch bleiben            ten – tiefgreifende Veränderungen bevor.
                                               Weitere Ereignisse oder Einflussfaktoren   www.rolandberger.com 


               Krankenhaus-IT Journal 1 /2021
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