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Vom Klang und Schall zum 3D-Druck



         Wissenschaftler der Gruppe „Micro, Nano and Molecular Systems“ am Max-Planck-Institut für medizini-
         sche Forschung und des Institute for Molecular Systems Engineering and Advanced Materials der
         Universität Heidelberg haben eine neue Technologie entwickelt, um Materie in 3D zu drucken. Sie nutzen

         dabei Klänge, bzw. Schallwellen, um Druckfelder zu erzeugen. Innerhalb dieser Schallfelder können zum
         Beispiel Feststoffpartikel oder biologische Zellen zu ausgewählten Formen zusammengesetzt werden.
         Die Erkenntnisse ebnen den Weg für neuartige 3D-Zellkulturtechniken mit hoher Relevanz für
         biomedizinische Techniken.


           3D-Druck ermöglicht die Herstellung komplexer Teile aus ver-  Wasser schwebende Partikel und Zellen ein und setzen sie zu drei-
           schiedenen, sogar biologischen Materialien. Herkömmlicher   dimensionalen Formen zusammen. Darüber hinaus funktioniert
           3D-Druck kann ein langsamer Prozess sein, bei dem Objekte   die neue Methode mit einer Vielzahl von Materialien, darunter
           schichtweise aufgebaut werden. Forscher*innen in Heidelberg   Glas- oder Hydrogelperlen und biologische Zellen. Erstautor Kai
           und Tübingen zeigen nun, wie man aus kleineren Bausteinen in   Melde sagt, dass „die entscheidende Idee war, mehrere akustische
           nur einem Schritt ein 3D-Objekt formt.           Hologramme zusammen zu verwenden und so ein Schallfeld zu
              „Mit zielgerichtetem und geformten Ultraschall konnten wir   bilden, das die Partikel einfangen kann“. Heiner Kremer, der den
           kleinste Partikel in einem einzigen Schritt zu einem dreidimensi-  Algorithmus zur Optimierung der Hologrammfelder geschrie-
           onalen Objekt zusammenfügen“, sagt Kai Melde, Postdoc in der   ben hat, ergänzt: „Die Digitalisierung eines ganzen 3D-Objekts
           Gruppe und Erstautor der Studie. „Das kann für das sogenannte   in Ultraschall-Hologrammfelder ist sehr rechenintensiv und
           Bioprinting sehr nützlich sein. Die dort verwendeten Zellen sind   erforderte neue Rechenroutinen.“
           besonders empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen und Ultra-  Die Wissenschaftler*innen glauben, dass ihre Technologie für
           schall ist eine sanfte Methode“, ergänzt Peer Fischer, Professor an   die Bildung von Zellkulturen und Geweben in 3D einen großen
           der Universität Heidelberg.                      Fortschritt bedeutet. Der Vorteil des Ultraschalls besteht darin,
              Schallwellen üben Kräfte auf Materie aus – eine Tatsache, die   dass er schonend für Zellen ist und tief in das Gewebe eindringen
           jeder Konzertbesucher kennt, der die Druckwellen eines Laut-  kann. So kann die neue Methode verwendet werden, um Zellen
           sprechers erlebt. Mit hochfrequentem Ultraschall, der für das   ohne Schaden auch aus der Ferne zu manipulieren.
           menschliche Ohr nicht hörbar ist, können die Wellenlängen
           unter einen Millimeter in den mikroskopischen Bereich verscho-  Die Ergebnisse der Studie wurden in Science Advances veröf-
           ben werden, mit dem Forschende sehr kleine Bausteine wie biolo-  fentlicht. Originalpublikation:
           gische Zellen manipulieren.                      Compact Holographic Sound Fields Enable Rapid One-step
              In früheren Studien zeigten Peer Fischer und Kolleg*innen,   Assembly of Matter in 3D” K. Melde, H. Kremer, M Shi, S.
           wie Ultraschall mithilfe von akustischen Hologrammen –   Seneca, C. Frey, I. Platzman, C. Degel, D. Schmitt, B. Schölkopf,
           3D-gedruckten Platten, die ein bestimmtes Schallfeld kodieren   P. Fischer. Science Advances 9(6) 2023
           sollen – erzeugt werden kann. Sie demonstrierten, dass diese   DOI: 10.1126/sciadv.adf6182
           Schallfelder verwendet werden können, um Materialien zu zwei-  Quelle: Max-Planck-Institut für medizinische Forschung
           dimensionalen Mustern zusammenzusetzen.
              Mit ihrer neuen Studie konnte das Team die Idee noch einen
           Schritt weiterbringen. In den Schallfeldern fangen sie frei im


                                                                                     Premium Messejournal 2023
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