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Die von Experten seit Jahren geforderte Reform ist überfällig. Viel schlimmer als das Gewinnstreben mancher privater
Zu groß sind die Probleme, aufgrund derer Deutschland, das Klinikträger ist die ineffiziente Betriebsführung vieler kom-
sich einst zu Recht damit rühmte, eines der führenden Gesund- munaler und öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser anzusehen.
heitssysteme der Welt zu haben, von anderen Staaten bemitlei- Egal, wie die Zukunft der Gesundheitsversorgung aussehen
det wird. Als Beispiele seien die überbordende Bürokratie, der wird, es bedarf einer Professionalisierung an den entscheiden-
Fachkräftemangel und der groteske Digitalisierungsrückstand den Stellen. In den Kliniken wird ein konsequentes Ressour-
genannt. Der aktuelle Krankenhaus Rating Report trägt sogar cen- und Kostenmanagement in den Vordergrund rücken
den Titel „Vom Krankenhaus zum Geisterhaus?“. müssen. Das liegt nicht jedem der etablierten Krankenhaus-
Als Wurzel allen Übels hat der Bundesminister die Fallpau- chefs. Daher empfiehlt es sich, die Leitung zu restrukturieren-
schalen ausgemacht, an deren Einführung vor zwanzig Jahren der Kliniken auf spezialisierte Managementgesellschaften zu
das damalige Aufsichtsratsmitglied der Rhön Klinikum AG übertragen. Gerade kommunale Häuser können sich so vor der
wesentlich beteiligt war. Zukünftig dürfe die Medizin nicht der auf sie zurollenden Privatisierungswelle retten. Die Managem-
Ökonomie folgen, so Lauterbach, der an Weihnachten nach- entgesellschaften arbeiten mit den Instrumenten der privaten
legte und ein Gesetz ankündigte, das Finanzinvestoren den Ein- Träger und die Kommunen behalten die gesellschaftsrechtliche
stieg in MVZs untersagt. Es müsse Schluss damit sein, „dass Kontrolle. Ein Modell für die Zukunft. Und das sollte auch den
ein Promi-Arzt seinen Namen für Dutzende Praxen hergibt, in Minister freuen.
denen junge Ärzte Hamsterradmedizin mit unnützen Behand-
lungen in schlechter Qualität betreiben, um absurde Profitziele
zu erreichen.“ Lauterbach hält Renditen im zweistelligen Pro-
zentbereich im Gesundheitswesen für nicht vertretbar. "Wenn
Sie zehn Prozent Rendite oder mehr rausholen, dann ist das
mit seriöser Medizin kaum möglich", so der Minister. Grund-
sätzlich müsse das "absurde Gewinnkonzept" im Gesundheits-
system geändert werden. Folgt man Lauterbachs Logik, müsste
es Promi-Arzt Dr. U?ur Şahin mit BionTech bei 19 Milliar-
den Jahresumsatz verboten sein, eine sogar 54%ige Rendite
zu verdienen. Privatwirtschaftliche Investitionstätigkeiten im
Gesundheitswesen populistisch zu verteufeln, ist nicht nur vor
dem Hintergrund des Grundsatzes der Trägerpluralität ein
Fehler. Oder glaubt der Minister ernsthaft, dass der Staat selbst
oder eine seiner Unikliniken – noch dazu in einem System, das,
wie oben ausgeführt, diverse Schwächen aufweist – es binnen
weniger Monate geschafft hätte, einen Impfstoff gegen das
Coronavirus zu entwickeln, so wie es den fleißigen Mitarbei-
tern der Aktiengesellschaft BionTech gelungen ist? Gerade in
einer Zeit, in der seriöse Medizin ohne moderne Medizintech- Über den Autor: Dr. Nicolas Krämer ist Vorstandsvorsitzender
nik sowie digitale Hilfsmittel kaum zu betreiben ist, bedarf es der HC&S AG (www.hc-s.com). Er verfügt über mehr als 20
finanzkräftiger Player, die in der Lage sind, die dafür erforder- Jahre Berufserfahrung im Gesundheitswesen. In seiner Laufbahn
lichen Investitionen zu stemmen. Dass der klamme Staat dazu bekleidete er verschiedene Führungspositionen in Krankenhäu-
nicht in der Lage ist, beweist die seit Jahren real zurückgehende sern unterschiedlicher Trägerschaften. U.a. war er sechs Jahre
Investitionsfinanzierung der Bundesländer für ihre Kliniken auf lang Geschäftsführer eines kommunalen Maximalversorgers in
Nordrhein-Westfalen. Ein von ihm geleitetes Krankenhaus wurde
jämmerliche Art und Weise.
Opfer eines Cyberangriffs. Sein Krisenmanagement führte zu
einer überregionalen Bekanntheit Krämers, der Autor zahlrei-
cher Publikationen ist. Zu den von ihm mit herausgegebenen
Büchern gehört u.a. das Standardwerk „Digitale Transformation
im Krankenhaus“. 2020 wurde Krämer mit dem Titel „Transfor-
mation Leader“ ausgezeichnet. 2021 war er Mitherausgeber des
bei SpringerGabler erschienen Buches „Zukunft der Gesundheits-
versorgung“.
Krankenhaus-IT Journal 1 /2023
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