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Der Bundesverband der Krankenhaus IT-Leiterinnen / Leiter e. V.
Schmuck
KH-IT-Clubabend kritisch:
Ambulantisierung – Pflicht oder Kur?
„Ambulant – stationär“ ist ein strategisches Thema für die Krankenhausführung. Beim Club-
abend des KH-IT im September 2022 ging es um Synergien zum Ausbau des ambulanten
Sektors und Perspektiven für die IT. Status quo: Für die „Patienten-Journey“lassen sich für
Krankenhäuser Kosten und Kommunikationswege optimieren. Kann der Wandel eine Kur für
Leistungserbringer bedeuten? Den virtuellen Informations-Austausch von der Praxis für die
Praxis moderierte Andreas Lockau, KH-IT-Schatzmeister.
„Ambulantisierung“ bewegt den deutschen Gesundheitsmarkt. KIS-Anbieter müssen sich öffnen
Krankenhäuser arbeiten intensiv an Initiativen für ambulante Für die Krankenhäuser erweist sich die Entwicklung als zwei-
Leistungen. Trotz knappen Klinikpersonals und enger werden- schneidig. Auf der einen Seite erwarten und erhoffen sie sich
der finanzieller Spielräume geht es um eine qualitativ hochwer- Kostensenkungen, auf der anderen Seite sind damit Umsatzein-
tige Versorgung. Kosten, Personal und Interoperabilität sind bußen verbunden. Kliniken versuchen, Ausfälle zu kompen-
Katalysatoren für einen Perspektivwechsel – ambulant und sieren, indem sie selbst als Erbringer ambulanter Leistungen
stationär. auftreten. Ist stationär-ambulant überhaupt so einfach machbar,
Die Zahl der ambulant durchgeführten Eingriffe steigt wenn die Schnittstellen, wenn die Interoperabilität fehlen?
an. Treiber sind die mit dem MDK-Reformgesetz angesto- Voraussetzung sind leistungsfähige Schnittstellen, die nicht nur
ßene Überarbeitung des Katalogs für ambulantes Operieren, der Komplexität der verschiedenen Abrechnungssysteme Rech-
neue sektorenübergreifende Vergütungsmodelle wie auch Fort- nung tragen, sondern auch einen möglichst problemlosen Über-
schritte in der Medizin allgemein. gang der Patienten und Patientinnen zwischen den verschiede-
Die Verlagerung bietet Vorteile: Immer mehr Patienten nen Sektoren gewährleisten. Für die IT bedeutet dies, offene
bevorzugen ambulante gegenüber stationären Behandlungen, Fragen zum Datentransport zu lösen und die Durchgängigkeit
um sich auf diese Weise unter anderem einen Krankenhausauf- der Systeme sicherzustellen. Die Anbieter im KIS-Bereich müs-
enthalt zu ersparen. Auch die medizinischen Behandlungsmög- sen sich öffnen und die Verknüpfung in den ambulanten Sektor
lichkeiten haben sich so weiterentwickelt, dass viele Eingriffe bereitstellen, und wie Anwender verlangen, ohne Schnittstel-
so standardisiert und risikolos durchgeführt werden, so dass lenkosten.
die Notwendigkeit einer anschließenden stationären Patien-
tenüberwachung entfällt. Nicht zuletzt bietet die ambulante
Versorgung deutliche Kostenvorteile. Weil die Eingriffe im
Regelfall kostengünstiger sind, haben auch die Krankenkassen
großes Interesse an einer vermehrten Ambulantisierung. Wie
zu hören ist, müssen Kliniken Patienten ablehnen und auf das
MVZ nebenan verweisen.
Krankenhaus-IT Journal 6 /2022
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