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IT-Management








           Ressourcenschonung im



           Gesundheitssektor –



            (auch) eine Aufgabe für die



           Krankenhaus-IT





              Um den Ressourcenkonsum und den ökologischen Fußabdruck von Krankenhäusern zu verringern,
              kommt der Krankenhaus-IT eine wichtige Rolle zu. Dr. Tanja Bratan, Leiterin des Geschäftsfelds

              Innovationen im Gesundheitssystem, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI,
              skizziert das Potenzial, mithilfe von Digitalisierung nicht nur die Qualität der Versorgung zu
              verbessern, sondern auch einen Beitrag zur Ressourcenschonung zu leisten.





              aut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und   Die Analysen des Fraunhofer ISI ergaben, dass die wich-
          LInnovationsforschung ISI im Auftrag des Umweltbundes-  tigsten rohstoffrelevanten Vorleistungen des Gesundheits-
           amts verursacht der deutsche Gesundheitssektor einen jährli-  sektors aus den Sektoren Chemikalien (u. a. Medikamente),
           chen Rohstoffkonsum von ca. 107 Millionen Tonnen, womit   Lebensmittel und Getränke, Energie, Bauen und medizintech-
           ca. 5 % des gesamten Rohstoffkonsums in Deutschland auf   nische Geräte stammen (Ostertag et al. 2021). Werden dazu
          Dienstleistungen des Gesundheitssektors entfallen. Die Berech-  die Gesundheitsausgaben betrachtet, zeigt sich, dass neben
          nung bildet sowohl den direkten als auch den indirekten Roh-  den Leistungen, die vor allem mit Personalaufwand verbunden
           stoffkonsum ab, schließt also den Rohstoffkonsum mit ein, der   sind, insbesondere Arzneimittel, Unterkunft und Verpflegung,
          in vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette anfällt, zum   Hilfsmittel und sonstigen medizinischer Bedarf (zum Beispiel
          Beispiel für die Herstellung von Medikamenten oder den Bau   Implantate, Instrumente, Narkosemittel, Labor- und Dialyse-
          von Krankenhäusern. Zwischen 1995 und 2016 zeigte sich   bedarf ) hohe Kosten verursachen. Dies deutet auf große mögli-
           eine erhebliche Zunahme des gesamten Ressourcenkonsums   che Synergien zwischen verbesserter Ressourceneffizienz einer-
           des Gesundheitssektors um etwa 80 Prozent (Ostertag et al.   seits und Kosteneinsparungen andererseits in diesen zentralen
          2021). Auch der Anteil des Gesundheitssektors bei den Treib-  Handlungsfeldern hin. Darüber hinaus kommt handlungsfeld-
           hausgasemissionen Deutschlands liegt bei ca. 5% (Health Care   übergreifend weiteren Ansätzen eine wichtige Bedeutung zu,
          Without Harm 2019). Dennoch spielte das Thema für den   beispielsweise der Digitalisierung.
          Großteil der Stakeholderinnen und Stakeholder des deutschen   Mit der Digitalisierung des Gesundheitssektors ist neben
          Gesundheitssystems lange eine untergeordnete Rolle. Doch das   großen Potenzialen für die Verbesserung der Qualität der
          Bewusstsein für die Verantwortung des Gesundheitssektors für   Versorgung auch die Hoffnung verbunden, die ökologische
          Umweltwirkungen nimmt zu, auch vor dem Hintergrund der   Nachhaltigkeit zu erhöhen. Die Gleichzeitigkeit digitaler und
          Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf die menschli-  ökologischer Transformationsprozesse wird auch als „Twin
           che Gesundheit. Solche gegenseitigen Abhängigkeiten werden   Transition“ bezeichnet. Bislang ist die tatsächliche Rolle der
          in den Debatten um „Planetary Health“ zunehmend deutlich.   Digitalisierung und ihrer positiven wie negativen Wirkungen
          2021 sprach sich der 125. Deutsche Ärztetag dafür aus, bis zum   jedoch noch weitgehend unklar (Liu et al. 2019) und bedarf
          Jahr 2030 Klimaneutralität für das Gesundheitswesen zu errei-  weiterer Forschung, einschließlich der ressourcenbewussten
           chen (Ärzteblatt 2021).                            Gestaltung und Nutzung digitaler Tools.




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