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Univ.-Prof. Dr. Julia Krönung
Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre,
insbesondere Gestaltung soziotechnischer Informationssysteme
an der FernUniversität Hagen
Die FernUniversität in Hagen ist mit knapp 70.000 Studierenden,
ca. 2.000 Beschäftigten und 7 Campusstandorten die größte
Universität Deutschlands. Darüber hinaus ist sie seit Gründung
1975 der Fernlehre verschrieben und auch die
einzige staatliche Universität mit dieser Spezialisierung.
Der seit 2022 neu geschaffene Lehrstuhl für Betriebswirtschafts-
lehre, insbesondere Gestaltung soziotechnischer Informations-
systeme unter der Leitung von Prof. Dr. Julia Krönung ist auf
die Akzeptanz und Gestaltung von Informationssystemen im
soziotechnischen Kontext spezialisiert und seit über 10 Jahren in
diesem Bereich in der Forschung aktiv.
(Quelle: privat, Sarah Kastner Fotographie)
Mit dem Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition ist die hyb- Versorgung entwickeln. Aufgrund des extremen Fachkräfteman-
ride Versorgung, also die „Ambulantisierung bislang unnötig gels ist das IT-Management zudem mit der Frage konfrontiert,
stationär erbrachter Leistungen“ (Koalitionsvertrag) durch wie es die Unterstützung und Akzeptanz der Mitarbeiterinnen
hybride DRGs (Diagnosis Related Groups) zu einem zentralen und Mitarbeiter unter schwierigen Rahmenbedingungen auf
Thema geworden. Das Bundesministerium für Gesundheit breiter Ebene herstellen kann. Aktuelle Erkenntnisse aus der
(BMG) hat mittels Rechtsverordnung Fakten geschaffen und Forschung zur soziotechnischen Systemgestaltung im Verbund
Startleistungen für hybride DRGs festgelegt. Diese zeichnen mit einer modernen Planungsmethodik telemedizinischer IT-
sich dadurch aus, dass die Vergütung unabhängig vom Ort der Systemarchitekturen weisen hier den Weg. Über die Mobili-
Leistung (niedergelassene Praxis, Krankenhaus) erfolgt. Das sierung der Selbstwirksamkeit hält man die Beteiligten am Ball
Motiv lautet „gleiches Geld für gleiche Leistung“. Damit wer- und schafft Akzeptanz!
den zwei Player des Gesundheitswesens offensichtlich stärker
miteinander in den Wettbewerb gebracht. Selbstwirksamkeit: Schlüssel zum Erfolg
Akzeptanz ist ein Verhaltenskonstrukt, das auf viele Arten
Hybride Versorgung in doppelter Hinsicht beeinflusst werden kann. Aus der Forschung weiß man aber,
Telemedizin kann hier helfen, Ressourcen zu sparen, effizient dass Menschen mit einer höheren Selbstwirksamkeit eher
zu kooperieren und die Qualität der Versorgung in kritischen geneigt sind, Informationssysteme positiv aufzugreifen. Selbst-
Situationen sicherzustellen. Es entstehen dabei zusätzliche wirksamkeit ist vereinfacht ausgedrückt die Wahrnehmung,
Anforderungen an das IT-Management. Unabhängig davon einer Situation nicht ausgeliefert zu sein, sondern sie mit den
befinden sich Krankenhäuser ohnehin in einem fortwähren- eigenen Kompetenzen und Kräften gestalten zu können. Man
den Transformationsprozess, dessen Ziel die weitestgehende hat deshalb intensiv daran geforscht, wie man dies für die
Digitalisierung der Prozesse ist. Aktuell steht hier nicht nur die Gestaltung soziotechnischer Systeme nutzen kann. Ein zen-
Telematikinfrastruktur, sondern auch die Implementierung der trales Ergebnis dazu ist, dass die Implementierung als Ent-
durch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) geförderten wicklungsprozess eines soziotechnischen Systems aufgesetzt
Systeme ganz oben auf der Agenda. Die Versorgung wird also werden sollte, bei dem alle Beteiligten ihr Wissen und ihre
im doppelten Sinne hybrid sein: Auf gewisse Zeit wird man Anforderungen einspeisen können und dabei digitale Verfahren
weiterhin analoge und digitale Prozesse gleichzeitig betreiben entdecken und einsetzen. Dafür werden idealerweise erfahrene
(müssen) und es wird sich nach den Absichten des Gesetz- Einrichtungen hinzugezogen, die im Gesundheitswesen veran-
gebers eine hybride Form aus stationärer und ambulanter kert und akzeptiert sind, und somit ein exzellentes Verständnis
Krankenhaus-IT Journal 1 /2024
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