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2. Wissensbasierte und                           Beide Beispiele belegen den Nutzen selbst einfacher maschinel-
               nicht-wissensbasierte Ansätze                    ler Lernverfahren: Die erste Anwendung nutzt Entscheidungs-
               CDSS werden vielfältig nach Art der Unterstützung oder dem   bäume, die aus Daten berechnet wurden, im zweiten Fall kann
               technischen Ansatz unterteilt. Angesichts der Aufmerksamkeit,   eine einfache logistische Regression schon bei Änderungen
               die maschinelle Lernverfahren aktuell auf sich ziehen, ist die   (korrekt) warnen, die für Menschen unauffällig sind. Die Pra-
               Einteilung in wissensbasierte und nicht-wissensbasierte CDSS   xistauglichkeit von KI insbesondere zur Analyse biomedizini-
               wichtig (Sutton et al. 2022): Wissensbasierte CDSS modellie-  scher Signale zeigt sich an den inzwischen breit verfügbaren
               ren medizinisches Wissen durch formale, symbolische Ausdrü-  Anwendungen zum Erkennen von Herzrhythmusstörungen in
               cke (z.B. Wenn-Dann-Regeln). Nicht-wissensbasierte CDSS   Endkundengeräten wie Smart Watches.
               kommen ohne ein solches explizites Wissensmodell aus. CDSS
               auf Basis maschineller Lernverfahren (insbesondere auf Basis   4. Computerisierte Leitlinien und
               von Deep Learning, also tiefer künstlicher neuronaler Netze)   Living Guidelines
               sind überwiegend nicht-wissensbasiert.           Ein wichtiger Typ wissensbasierter CDSS sind computerisierte
                  Die US-amerikanische Zulassungsbehörde gibt fortlau-  Leitlinien. Sie bringen Leitlinienwissen in ein algorithmisch
               fend eine Übersicht über zugelassene KI-Anwendungen in der   verarbeitbares Format und steuern damit klinische Empfehlun-
               Medizin (U.S. Food & Drug Administration o.J.). Während der   gen oder das Management von Arbeitsabläufen. Mehrere Stu-
               Abfassung dieses Beitrags führt diese Übersicht 521 Anwen-  dien belegen, dass sich die Leitlinienadhärenz, d.h. die tatsäch-
               dungen auf. Nicht alle, aber viele davon sind CDSS. Das zeigt   liche Berücksichtigung von Leitlinien, durch computerisierte
               die Bedeutung, die nicht-wissensbasierte Verfahren inzwischen   Leitlinien steigern lässt und den Behandlungserfolg verbessert
               auch international haben. Anhand einiger Beispiele kann das   (Tafelski et al. 2010). Für die Qualität wissensbasierter CDSS
               Spektrum der technisch inzwischen verfügbaren entschei-  ist entscheidend, dass diese Wissen nutzen, welches im Sinne
               dungsunterstützenden KI-Anwendungen skizziert werden:  evidenzbasierter Medizin gewonnen wird. Sie stützen sich auf
               Durch Bildklassifikation lassen sich über 2.000 dermatologi-  Ergebnisse methodisch hochwertiger Studien und fachliche
               sche Erkrankungen in Bildern von Hautläsionen auf Exper-  Stellungnahmen, die durch systematische Konsentierungsver-
               tenniveau diagnostizieren (Esteva et al. 2017). Der Ansatz   fahren zu Stande kommen. Computerisierte Leitlinien erfül-
               nutzt ein tiefes neuronales Faltungsnetz (convolutional neural   len diese Forderung, indem sie bei systematisch entwickelten,
               network), das zunächst auf über 1,2 Millionen allgemeinen Bil-  evidenzbasierten Leitlinien ansetzen (z.B. S3-Leitlinien der
               dern vortrainiert und dann mittels 127.463 dermatologischen   Fachgesellschaften). Ein Qualitätskriterium computerisierter
               Aufnahmen abschließend trainiert wurde. Klassifikation von   Leitlinien ist die Nutzung von Standards zur algorithmischen
               Bildern durch Faltungsnetze erfolgt z.B. auch zum Erkennen   Umsetzung des Leitlinienwissens (Leitlinienrepräsentations-
               von Lungentumoren in Röntgenbildern (Nam et al. 2019) oder   sprachen). Neben spezifisch für die Medizininformatik ent-
               zum Grading von Brustkrebs (Elsharawy et al. 2021). Für die   wickelten Formaten, z.B. GLIF, werden zunehmend etablierte
               Beurteilung histologischer Schnitte, z.B. die Klassifikation von   Standards aus dem Bereich des Workflowmanagements, hier
               Tumorzellen, existieren inzwischen Verfahren, die ohne vor-  insbesondere Business Process Model and Notation (BPMN),
               herige Markierung kritischer Bereiche auskommen (Full Slide   genutzt. Zur Formalisierung von Entscheidungsregeln und
               Detection) (Syrykh et al. 2020). KI-Ansätze unterstützen auch   -kriterien existieren zwei HL7-Standards: Arden Syntax und
               Entscheidungen zur Gestaltung diagnostischer Verfahren selbst,   Clinical Quality Language (CQL). Ein neuerer aus dem Unter-
               z.B. die Auswahl geeigneter Biomarker (Wang et al. 2018).  nehmenskontext stammender Standard zur Abbildung von
                                                                Entscheidungsregeln ist Decision Model and Notation - DMN
               Mit IDx-DR wurde 2018 ein Gerät zur Erkennung diabeti-  (Sooter et al. 2019). DMN lässt sich vorteilhaft mit BPMN-
               scher Retinopathie zugelassen (van der Heijden et al. 2018). Es   Modellen kombinieren.
               markiert die Grenze, an welcher Entscheidungsunterstützung   Eine Herausforderung wissensbasierter CDSS und insbe-
               in eine autonome Entscheidungsfindung durch das mit KI aus-  sondere computerisierter Leitlinien ist es, die Wissensbasis
               gestattete Gerät übergeht: IDx-DR prüft selbständig den Grad   aktuell zu halten. Living Guidelines dienen dazu, den Entste-
               der Retinopathie.                                hungs- und Aktualisierungsprozess evidenzbasierter Leitlinien
                                                                durch Standards und Anwendungsprogramme zu unterstüt-
               Über die Diagnostik hinaus wenden KI-Verfahren auch zur   zen. Z.B. unterstützt die MAGIC-Plattform die Erstellung
               Vorhersage eingesetzt: Beispiele sind die Vorhersage des Ope-  strukturierter digitaler Leitliniendokumente und erleich-
               rationserfolgs (Scheer et al. 2018) oder des Auftretens von kri-  tert die Bewertung von Studienevidenz nach den Grading of
               tischen Verschlechterungen bei speziellen Herzerkrankungen,   Recommendations Assessment, Development and Evaluation
               ausgehend von Vitalparametern (Rusin et al. 2016).   (GRADE)-Kriterien (Vandvik et al. 2013).


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               GMDS-Praxisleitfaden „Das vernetzte Gesundheitswesen“
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