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Der Bundesverband der Krankenhaus IT-Leiterinnen / Leiter e. V.
Positiv zu betrachten ist die Vernetzung und der Datenaus-
tausch in einem geschützten Bereich zwischen den Teilnehmern
im Gesundheitswesen – dies ist richtig und wichtig!
Was wir aber vor allem noch bei der TI brauchen:
■ rechenzentrumsgeeignete Konnektoren für die stabile TI-
Anbindung
■ eine qualifizierte softwarebasierte Signatur statt der hard-
warebasierten und/oder eine Unternehmenssignatur für
Dokumente der ePA
■ das ganze Krankenhaus muss als eine Betriebsstätte, unab-
hängig von Ambulanzen und Ermächtigungen, angebun-
den werden können
■ Mechanismen für die Implementierung der IT-Security
■ prozessorientierte Implementierung, z.B. für das eRezept
■ Monitoring- und Managementumgebung für die Adminis- Matthias Meierhofer, Vorstandsvorsitzender der Meierhofer AG und
tration. zugleich Vorstand im bvitg: „TI 2.0 Weiterentwicklung oder Neustart?“
Was ist für die Krankenhäuser zukünftig, d.h. ab jetzt, wichtig? Was bedeutet aber diese Neustrukturierung für die Industrie
Die Krankenhäuser müssen über Gremien und Verbände aktiv und Krankenhäuser? Neben schon getätigten Ausgaben von
an der Entwicklung der TI beteiligt werden. Die gematik muss ca. zwei Mrd. Euro für die Beschaffung von Hardware und
unbedingt Verständnis für die Prozesse in den Krankenhäusern Software muss eine neue sichere IT-Infrastruktur aufgebaut
entwickeln. Dazu muss Fachexpertise aus den Kliniken (Ärzte, werden, es müssen bestehende Fachanwendungen neu beschafft
Pflege, IT) in die Entwicklung der Spezifikationen einbezo- und implementiert werden und es werden Konnektoren, die
gen werden. Die Interoperabilität muss verstärkt in den Fokus Gesundheitskarte der Versicherten samt Heilberufsausweise
rücken, um die Daten auch elektronisch verwertbar austau- (HBA) sowie Praxis- und Institutionsausweise (SMC-B) bis
schen zu können (Semantik, Standards der Austauschformat, voraussichtlich 2025 wegfallen. Zwar sind neue Konzepte
FHIR u. IHE). unabdingbar notwendig, doch löst die TI 2.0 vorhandene
Als ein Vertreter für die SW-Industrie konnte Matthias Probleme nur bedingt. Chancen sind im Wechsel hin zu elek-
Meierhofer, Vorstandsvorsitzender der Meierhofer AG und tronischen Identitäten, in der Nutzung von offenen Standards
zugleich Vorstand im bvitg gewonnen werden. Der Titel des (FHIR, OAuth 2.0, ...) ohne nationale Erweiterungen und
Vortrags lautete „TI 2.0 Weiterentwicklung oder Neustart?“. dem Wechsel von Hardware auf Software-Komponenten für
Kurzfassung des Vortrags (Meierhofer/Schlegel): Die ers- vereinfachte Rollouts und verkürzte Aktualisierungszyklen zu
ten Schritte in ein vernetztes Gesundheitssystems sind gestartet, sehen. Für den Weg dorthin fehlen aber noch Migrations- und
erste TI-Fachanwendungen wie E-Rezept, elektronische Patien- Übergangskonzepte von der TI 1.0 auf die TI 2.0, realistische
tenakte (ePA) oder elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheini- Timelines und Umsetzungszeiträume (vom Konzept über die
gung (eAU) werden umgesetzt und neben ärztlichem Personal Spezifikation bis zum Rollout), eine Planungs- und Investi-
wurden auch weitere Leistungserbringer an die TI angebunden. tionssicherheit, Best Practice-Erfahrung in der Anwendung
Hersteller von Software-Lösungen im Gesundheitswesen ste- und Konzepte für die Aufrechterhaltung bestehender Sicher-
hen aber weiterhin vor Herausforderungen. Dazu zählen das heitsstandards. Die Industrie sieht für ein zukunftsfähiges und
Durchlaufen von mehrstufigen Bestätigungs- und Zertifizie- nachhaltiges Konzept weitere wichtige Anforderungen, wie die
rungsverfahren, sowie äußerst knappe Fristen von der Spezifika- Konsistenz der politischen Rahmenbedingungen für stringente
tion über die Entwicklung bis zur Zertifizierung. Für Anwender und langfristige Lösungen, klare Rollenverteilung zwischen den
gilt es zu beachten, dass die Umsetzungen stets an bestimmte Akteuren, den Anschluss aller Akteure an die TI im Gesund-
Hardware-Ressourcen gekoppelt sind und Updateprozesse heitswesen, die Interoperabilität mit der Verwendung inter-
sowie zum Teil komplexe und veraltete Authentifizierungsbau- nationaler Standards, den Fokus der Akzeptanz von digitalen
steine berücksichtigt werden müssen. Fachanwendungen von Patient*innen und Bürger*innen und
Die gematik hat erkannt, dass die TI weiterentwickelt wer- nicht zuletzt eine Sicherstellung der Finanzierung.
den muss, da diese auf Überlegungen, Designentscheidungen Die Neuausrichtung auf Basis aktueller Anforderungen und
und Prämissen der 2000-er Jahre basiert. Im Papier „Arena für Technologien ist überfällig und dringend notwendig. Für den
digitale Medizin“ der gematik (www.gematik.de) findet man Erfolg braucht es aber eine gemeinsame Vision, die die Aktivi-
die zehn Grundprinzipien und die sechs fundamentalen Säulen täten aller Akteure im Gesundheitswesen bündelt und zu einem
der TI 2.0. gemeinsamen Gesamtkonzept zusammenführt.
Krankenhaus-IT Journal 6 /2021
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