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Titelthema
Was wäre zu reformieren
oder optimieren? es zwangsläufig Mehrkosten verursacht
(Fahrzeuge und Personal). Es manifes-
Das Grundverständnis in der Politik tieren sich unstrukturierte Versorgungs-
fehlt. Die Digitalisierung „des Gesund- defizite. Diese werden erhebliche Kom-
heitswesens“ funktioniert nicht ohne pensationskosten hervorrufen. Zudem
nachhaltige Strategie für das Gesund- fallen Krankenhäuser als Redundanz
heitswesen in seiner Gesamtheit. Die- der ambulanten Versorgung aus z.B.
ses kann man mit dem Anspruch der während der Schließzeiten von Praxen.
„Digitalisierung“ nicht dauerhaft sektoral Die Notfallpraxen sind ohnehin ohne
betrachten. Die einzelnen Bereiche bzw. unterstützende Krankenhäuser völlig
Sektoren sind bereits gut digitalisiert. überfordert. An dieser Stelle müsste
Die Kinder kommen nur nicht zum Spie- man technisch (und formal) ansetzen,
len zusammen, weil jedes an seiner eige- um „digitale Kommunikation“ zu schaf-
nen Elektronik hängt. Ebenso wenig wie fen und damit den Versorgungsprozess
eine kalte Strukturbereinigung durch die durchgängig mit Daten zu unterstützen.
Insolvenz beliebiger Krankenhäuser den Dieser Anspruch lässt sich nicht auf
Gesamtversorgungsbedarf der Bevölke- „Digitalisierung“ komprimieren. Daher
rung und damit den realen Kommunika- die vielen Mängel in der Ausprägung von
tionsbedarf nicht berücksichtigt. Anforderungen und Leistungen im Rah-
Warum diskutiert niemand die men der Digitalisierung.
Zusammenhänge? Versteht es keiner Dann wäre noch das Thema der
mehr, oder führt die Komplexitäts- Technologie und Organisation. Die
Reduktion für Minderverständige hier strikte Sektorentrennung ist im Zeital-
zur Ausblendung von Faktoren? Wagen ter der Digitalisierung nicht mehr zeit-
wir einen Blick: Niedergelassene Arzt- gemäß. Eine analog basierte (primär
sitze sind rückläufig in ländlichen Regio- bürokratische) Organisation kann ohne
nen. Die „überlieferten“ Öffnungszeiten Anpassungen nicht digitalisiert werden.
(immer alle gleichzeitig, oder keiner) der Der aktuelle Ansatz führt zu viel zu vie-
Praxen erfordern KV-Notfallpraxen und len Einzellösungen und immer in engen
dieses Konzept kommt durch das aktu- Grenzen wie Sektoren, Bundesländern
elle „Poolärzte-Urteil“ des Bundessozial- oder gar Regionen. Wie soll man unter
gerichts Kassel ins Wanken und wird die diesen Bedingungen welches Produkt
Versorgung eskalieren, was wiederum zu für welches Szenario auswählen? Die TI
(noch) einer stärkeren Frequentierung (Telematikinfrastruktur) als Plattform
der Notaufnahmen der Krankenhäuser ist eine Idee, löst aber das Problem nicht,
führen wird. da es nur um Transport und nicht um
Gleichzeitig strebt die Politik eine Struktur geht. Auch das Marktvolumen
kalte Strukturbereinigung der Kran- verteilt sich auf zu viele Mitspieler. Sek-
kenhausstandorte an. Was wiederum torales und partielles Denken ist damit
die Abhängigkeit der Rettungsdienste eines der bleibenden Kernprobleme.
verleugnet. Fallen Krankenhäuser
unstrukturiert aus der Versorgung, dann Was bleibt als Perspektive für
entstehen für die Rettungsdienste län- den IT-Manager?
gere Wegstrecken. Das bedeutet eine Ehrlicherweise stümpert man über-
längere Belegung der Fahrzeuge im Ein- wiegend regional herum, weil regional
satzfall und daraus resultieren zu wenig nun mal besser zu sektoral passt und im
Fahrzeuge. Mehr Fahrzeuge erfordern Übrigen sind die Versorgungsaufträge
aber mehr Personal (im NEF-Fall sogar auch primär regional. Fast 30 Jahre lang
Ärzte). Unabhängig von der Frage, dass wurden sektoral begrenzte Produkte
Krankenhaus-IT Journal 6 /2023
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