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Der Bundesverband der Krankenhaus IT-Leiterinnen / Leiter e. V.
Prof. Alfred Winter: Entscheidend ist, dass Innovation bei den Horst-Dieter Beha: Wir alle hoffen auf ein baldiges Ende der
Menschen ankommt. Einer chronisch Kranken, die zwischen Covid-19-Pandemie. Ohne diese wären bereits jetzt gegensei-
Hausarzt, Fachärztin, Krankenhaus und häuslicher Pflege hin tige Vorträge bei Veranstaltungen der beteiligten Verbände
und her wandern muss, ist die IT im Krankenhaus ziemlich erfolgt. Dies wird kommen, sobald die Rahmenbedingungen
egal. Ihr ist wichtig, dass bei der Einlieferung im Kranken- es erlauben werden. Der fachliche Austausch ist bereits im
haus alle wichtigen Informationen zu ihrer Erkrankung dort Gange, konkret in der Zusammenarbeit zum Aufbau und der
vorhanden sind und sie nicht Gefahr läuft, die Weitergabe Weiterentwicklung von Studiengängen in der Medizininfor-
wichtiger Informationen zu vergessen. Wenn sie wieder zu matik.
Hause ist, muss auch der betreuende Ehemann sofort wissen,
welche Pflegemaßnahmen und welche Therapie nun erfolgen Prof. Alfred Winter: Gerade im Hinblick auf den Aufbau
müssen. von bundesweiten Gesundheitsnetzwerken haben Herr Beha
Für uns Fachleute ist dabei klar, dass die IT im Krankenhaus und ich die Latte, über die wir gemeinsam springen müssen,
hier eine wichtige Schlüsselfunktion hat. Sie darf nicht zum ziemlich hoch gelegt. Wir haben ja in den letzten Jahren bei
Silo werden, sondern muss sich mit der IT bei den niederge- der Entwicklung der Telematik-Infrastruktur gesehen, wie
lassenen Ärzten und in der Wohnung der Patienten vernetzen. mühsam die Arbeit ist. Aber vielleicht sollten wir für unsere
Das können wir nur gemeinsam schaffen. Kooperation im ersten Jahr die Messlatte etwas tiefer legen.
Die Erfolgsindikatoren könnten doch die Durchführung je
Horst-Dieter Beha: Praktisch von Beginn der Tätigkeit des eines gemeinsamen Workshops bei der GMDS-Jahrestagung
KH-IT an, also seit fast 25 Jahren, haben wir in der Person 2021 in Kiel und bei einer KH-IT-Tagung sowie die Vermitt-
Prof. Martin Staemmler von der Hochschule, früher Fach- lung eines ersten Praktikumsplatzes für eine/n Studierende/n
hochschule, Stralsund einen wissenschaftlichen Beirat im der Medizinischen Informatik in einem Krankenhaus sein.
KH-IT. Seit über 10 Jahren ist außerdem Frau Prof. Anke
Simon von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Helmut Schlegel: Was geben Sie persönlich diesem
(DHBW)als betriebswirtschaftliche Beirätin beim KH-IT zart wachsenden Pflänzchen der Kooperation für die
tätig. Beide Hochschularten haben sich per se schon die Ver- nächste Zeit mit auf dem Weg?
zahnung von Forschung, Lehre und Praxis auf die Fahnen
geschrieben.In inzwischen unzähligen Vorträgen, Seminaren, Horst-Dieter Beha:Zunächst lebt ein solches Konzept von
Webinaren, Diskussionsrunden, der Leitung von Arbeits- den Initiatoren. Auf Seiten des KH-IT hat dies mit Helmut
gruppen und informalen Gesprächen konnten wir auf deren Schlegel ein Urgestein der Krankenhaus-IT und ehemaliger
Mitarbeit zählen und somit immer wieder die notwendige IT-Leiter eines der größten kommunalen Krankenhäuser
enge Verzahnung von Wissenschaft und Praxis unter Beweis Europas, dem Klinikum Nürnberg, zusammen mit Reimar
stellen. Mit der neuen Kooperation kann dies auf einer noch Engelhardt aus dem geschäftsführenden Vorstand des KH-IT
viel breiteren Basis erfolgen. Gerade Fragen der Standardi- begleitet. Damit ist ein guter Start gelungen. Es wird nun
sierung, insbesondere von Schnittstellen, der Aufbau von darum gehen, die Initiative in die Breite zu bringen. Das wird
bundesweiten Gesundheitsnetzwerken und die Verbesserung man nicht in Monaten messen können. Mir persönlich fällt
von IT-Prozessen, letzteres ein Schwerpunkt der Forschungs- hier das Gleichnis vom Senfkorn ein. Der kleinste unter den
arbeit von Frau Prof. Simon aus Sicht der Anwender in Samen bringt die größte Pflanze und reiche Frucht. Nicht
Medizin und Pflege,bringen die Praxis wesentlich voran. Mit heute und morgen aber mit schnellem Wachstum und abseh-
knappen Geldmitteln und Personalausstattungen in den Häu- bar. Das wünsche ich mir persönlich für die neue Kooperation.
sern sind Prozessverbesserungen zwingend. Diese kommen
letztlich aus der Grundlagenforschung und müssen in konkre- Prof. Alfred Winter: Pflanzen wachsen oft in unerwartete
ten Richtlinien und in vereinheitlichten Verfahren umgesetzt Richtungen. Und wenn wir beim biblischen Bild bleiben
werden. wollen, lässt sich bei den jungen Pflanzen das Unkraut oft
kaum von der Nutzpflanze unterscheiden. Wir müssen also
Helmut Schlegel: Über einen Zeithorizont von unge- gerade auf der Leitungsebene unserer Verbände zu jedweder
fähr einem Jahr - wo erwarten Sie die ersten sichtbaren Initiative ermutigen und dann aber auch genügend Geduld
QuickWins aus der frisch angelaufenen Kooperation? aufbringen, statt vorschnell zu urteilen.
Helmut Schlegel: Vielen Dank für das Interview und
lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass Vieles von dem
Genannten eintreten wird!
Krankenhaus-IT Journal 6 /2020
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