Page 63 - KrankenhausITJournal_Ausgabe062020
P. 63

Der Bundesverband der Krankenhaus IT-Leiterinnen / Leiter e. V.






                 Prof. Alfred Winter: Entscheidend ist, dass Innovation bei den   Horst-Dieter Beha: Wir alle hoffen auf ein baldiges Ende der
                 Menschen ankommt. Einer chronisch Kranken, die zwischen   Covid-19-Pandemie. Ohne diese wären bereits jetzt gegensei-
                 Hausarzt, Fachärztin, Krankenhaus und häuslicher Pflege hin   tige Vorträge bei Veranstaltungen der beteiligten Verbände
                 und her wandern muss, ist die IT im Krankenhaus ziemlich   erfolgt. Dies wird kommen, sobald die Rahmenbedingungen
                 egal. Ihr ist wichtig, dass bei der Einlieferung im Kranken-  es erlauben werden. Der fachliche Austausch ist bereits im
                 haus alle wichtigen Informationen zu ihrer Erkrankung dort   Gange, konkret in der Zusammenarbeit zum Aufbau und der
                 vorhanden sind und sie nicht Gefahr läuft, die Weitergabe   Weiterentwicklung von Studiengängen in der Medizininfor-
                 wichtiger Informationen zu vergessen. Wenn sie wieder zu   matik. 
                 Hause ist, muss auch der betreuende Ehemann sofort wissen,
                 welche Pflegemaßnahmen und welche Therapie nun erfolgen   Prof.  Alfred  Winter:  Gerade  im  Hinblick  auf  den  Aufbau
                 müssen.                                          von bundesweiten Gesundheitsnetzwerken haben Herr Beha
                 Für uns Fachleute ist dabei klar, dass die IT im Krankenhaus   und ich die Latte, über die wir gemeinsam springen müssen,
                 hier eine wichtige Schlüsselfunktion hat. Sie darf nicht zum   ziemlich hoch gelegt. Wir haben ja in den letzten Jahren bei
                 Silo werden, sondern muss sich mit der IT bei den niederge-  der Entwicklung der Telematik-Infrastruktur gesehen, wie
                 lassenen Ärzten und in der Wohnung der Patienten vernetzen.   mühsam die Arbeit ist. Aber vielleicht sollten wir für unsere
                 Das können wir nur gemeinsam schaffen.           Kooperation im ersten Jahr die Messlatte etwas tiefer legen.
                                                                  Die Erfolgsindikatoren könnten doch die Durchführung je
                 Horst-Dieter Beha: Praktisch von Beginn der Tätigkeit des   eines gemeinsamen Workshops bei der GMDS-Jahrestagung
                 KH-IT an, also seit fast 25 Jahren, haben wir in der Person   2021 in Kiel und bei einer KH-IT-Tagung sowie die Vermitt-
                 Prof. Martin Staemmler von der Hochschule, früher Fach-  lung eines ersten Praktikumsplatzes für eine/n Studierende/n
                 hochschule, Stralsund einen wissenschaftlichen Beirat im   der Medizinischen Informatik in einem Krankenhaus sein.
                 KH-IT. Seit  über 10 Jahren ist außerdem Frau Prof. Anke
                 Simon von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg   Helmut Schlegel: Was geben Sie persönlich diesem
                 (DHBW)als  betriebswirtschaftliche  Beirätin  beim  KH-IT   zart wachsenden Pflänzchen der Kooperation für die
                 tätig. Beide Hochschularten haben sich per se schon die Ver-  nächste Zeit mit auf dem Weg?
                 zahnung von Forschung, Lehre und Praxis auf die Fahnen
                 geschrieben.In inzwischen unzähligen Vorträgen, Seminaren,   Horst-Dieter Beha:Zunächst lebt ein solches Konzept von
                 Webinaren, Diskussionsrunden, der Leitung von Arbeits-  den Initiatoren. Auf Seiten des KH-IT hat dies mit Helmut
                 gruppen und informalen Gesprächen konnten wir auf deren   Schlegel ein Urgestein der Krankenhaus-IT und ehemaliger
                 Mitarbeit zählen und somit immer wieder die notwendige   IT-Leiter eines der größten kommunalen Krankenhäuser
                 enge Verzahnung von Wissenschaft und Praxis unter Beweis   Europas, dem Klinikum Nürnberg, zusammen mit Reimar
                 stellen. Mit der neuen Kooperation kann dies auf einer noch   Engelhardt aus dem geschäftsführenden Vorstand des KH-IT
                 viel breiteren Basis erfolgen. Gerade Fragen der Standardi-  begleitet. Damit ist ein guter Start gelungen. Es wird nun
                 sierung, insbesondere von Schnittstellen, der Aufbau von   darum gehen, die Initiative in die Breite zu bringen. Das wird
                 bundesweiten Gesundheitsnetzwerken und die Verbesserung   man nicht in Monaten messen können. Mir persönlich fällt
                 von IT-Prozessen, letzteres ein Schwerpunkt der Forschungs-  hier das Gleichnis vom Senfkorn ein. Der kleinste unter den
                 arbeit von Frau Prof. Simon aus Sicht der Anwender in   Samen bringt die größte Pflanze und reiche Frucht. Nicht
                 Medizin und  Pflege,bringen die Praxis wesentlich voran. Mit   heute und morgen aber mit schnellem Wachstum und abseh-
                 knappen Geldmitteln und Personalausstattungen in den Häu-  bar. Das wünsche ich mir persönlich für die neue Kooperation.
                 sern sind Prozessverbesserungen zwingend. Diese kommen
                 letztlich aus der Grundlagenforschung und müssen in konkre-  Prof. Alfred Winter: Pflanzen wachsen oft in unerwartete
                 ten Richtlinien und in vereinheitlichten Verfahren umgesetzt   Richtungen. Und wenn wir beim biblischen Bild bleiben
                 werden.                                          wollen, lässt sich bei den jungen Pflanzen das Unkraut oft
                                                                  kaum von der Nutzpflanze unterscheiden. Wir müssen also
               Helmut Schlegel: Über einen Zeithorizont von unge-  gerade auf der Leitungsebene unserer Verbände zu jedweder
               fähr einem Jahr - wo erwarten Sie die ersten sichtbaren   Initiative ermutigen und dann aber auch genügend Geduld
               QuickWins aus der frisch angelaufenen Kooperation?  aufbringen, statt vorschnell zu urteilen.

                                                                Helmut Schlegel: Vielen Dank für das Interview und
                                                                lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass Vieles von dem
                                                                Genannten eintreten wird!


               Krankenhaus-IT Journal 6 /2020
                                                                                                               063
   58   59   60   61   62   63   64   65   66   67   68